Stefanie Heinzmann: Direkt aus der Seele

Wir haben Stefanie Heinzmann, die sympathische Walliserin mit der Powerstimme und einem richtig ansteckenden Lachen, zum Interview getroffen. Und waren bezaubert von ihrer Natürlichkeit und Lebensfreude, die sie in ihren Alben voll zum Ausdruck bringt.

Stefanie, nach einer längeren Auszeit bist du wieder zurück – mit neuer Musik voller Power und Tiefgang, voller Optimismus und neu gewonnenem Selbstbewusstsein. Wozu hast du diese Auszeit genutzt? 
Ich war die letzten Jahre ständig unterwegs, hatte nur aus dem Koffer gelebt und die Stefanie hinter der Sängerin vernachlässigt. Ich hatte gar keine Zeit, mir Gedanken zu machen, ob ich das, was ich mache, überhaupt noch möchte. Ich war sehr müde und nahm mir deshalb eine Auszeit, um mich und das, was ich tue, ehrlich zu hinterfragen. Nach drei Monaten Pause, ohne auch nur einen Ton zu singen, hatte ich wieder eine Bandprobe. In dem Moment, als sie die ersten Töne spielten, wusste ich wieder: Ich liebe es einfach, Musik zu machen, und das ist es, was ich will!

Auch deine Stimme hat sich in den letzten zehn Jahren merklich gewandelt … 
Ja, wie man so schön sagt: Die Stimme ist der Spiegel der Seele! Mit 18 habe ich mich für gewisse Eigenheiten meiner Stimme noch geschämt, wollte nicht zu weiblich klingen. Aber alle Facetten der Stimme sind auch Facetten der eigenen Persönlichkeit, und diese habe ich mittlerweile zu lieben und voll auszuleben gelernt. Wie zum Beispiel die höheren, feinen Passagen, die ich in der Kopfstimme singe. Dafür musste ich echt über meinen eigenen Schatten springen! 

 «Schönheit ist ein Gefühl und hat mit innerer Zufriedenheit zu tun».

Stefanie Heinzmann
Schweizer Sängerin

In einem deiner Songs «Mother’s Heart» singst du darüber, dass man sich selbst so lieben soll, wie man ist, und nicht versuchen sollte, in irgendein Schema zu passen. Wie schaffst du es, einfach du selbst zu sein? 
In einer Zeit wie heute, in der man sich mit jedem Menschen auf sozialen Plattformen wie Instagram und Facebook vergleichen kann, ist das nicht einfach. Gerade wenn man in der Öffentlichkeit steht, fragt man sich: «Bin ich hübsch genug für das Cover, genüge ich den Ansprüchen?» – und vergisst dabei, dass man im Leben anderer Menschen eine wichtige Rolle spielt und diese einen genau so lieben, wie man ist!

Du wirkst aber immer sehr natürlich und selbstbewusst! 
Frauen wurden schon immer geschminkt, in Kostüme verpackt, auf ihr Aussehen reduziert. Mich hat das früher verunsichert, auch wenn ich es überspielt habe. Ich wusste innerlich zwar immer: Eigentlich bin ich gerne so, wie ich bin. Ich habe aber auch gekämpft, bis ich mich einfach annehmen konnte, wie ich bin, ohne mich mit anderen zu vergleichen. Heute weiss ich: Schönheit ist ein Gefühl und hat viel mit innerer Zufriedenheit zu tun!

Und wie schaffst du es, immer so fröhlich und gutgelaunt zu sein? 
Ich versuche einfach, für alles offen zu sein, im Moment zu leben und dankbar zu sein für alles, was der Tag bringt. Man entscheidet selbst, was für ein Mensch man sein will, und ich habe mir vorgenommen, ein guter Mensch zu sein und so viel Liebe zu schenken wie möglich. Das ist gar nicht so einfach, wie es klingt.

Wer sind deine persönlichen und musikalischen Vorbilder? 
Mein persönliches Vorbild sind meine Eltern! Wenn ich es schaffe, so voller Liebe und so offen zu sein wie sie, dann habe ich alles richtig gemacht. Meine musikalischen Vorbilder sind unter anderem Joss Stone und Jill Scott, aber mein Musikstil ist sehr vielseitig, und ich versuche nicht einfach nur Soul oder nur Pop oder Funk zu machen. Ich will immer alles ausprobieren und verschiedene Stilrichtungen und Facetten meiner Stimme abtasten.

Stefanie Heinzmann in Zurich's Kafi Dihei.
Im Zürcher Kafi Dihei haben wir mit Stefanie über ihre musikalische und persönliche Entwicklung gesprochen.

Deine Songtexte scheinen direkt aus deiner Seele gesprochen zu sein. Wie entstehen deine Songs? 
Die Songs auf dem aktuellen Album sind sehr ehrlich! Darin ist wirklich die ganze Geschichte der letzten paar Jahre verpackt, mit allen Emotionen, die dazugehören! Alle Songtexte sind aus Gesprächen entstanden; ich schreibe mir auf, was mich beschäftigt und welche Gedanken ich teilen möchte – und dann unterhalte ich mich mit den anderen Songwritern darüber! Der Grundstimmung ordnen wir dann einen Beat sowie eine grobe musikalische Richtung zu, je nach Emotion, die transportiert werden soll. Und von diesem Punkt aus beginnen wir dann, den Song zu schreiben.

Dein Markenzeichen ist der Walliserdialekt; aber du singst auf Englisch. Weshalb?
Das kommt aus meinen Teenagerjahren, als ich mit 14 Soul und Funk entdeckt habe. Mit der Coverband, die ich damals hatte, sangen wir zwar auch Mundart, aber ich merkte schon da: Walliserdeutsch ist schon ein harter, urchiger Dialekt und nicht besonders «soulig». Das ist wie die Farbe, die man zum Malen nimmt; es macht einen Unterschied, ob du mit Öl oder mit Wasserfarbe malst! Genauso ist’s beim Singen: Englisch ist weicher und melodiöser und passt für mich einfach besser zum Singen als Walliserdeutsch.

«The voice is the mirror of the soul!»

Einer deiner Songs trägt den Titel «Home». Was bedeutet «Zuhause» für dich? 
Heimat bedeutet für mich sehr viel, umso mehr, als ich oft eben nicht zu Hause bin. Das Wallis macht es einem einfach, es als Heimat zu empfinden, denn es ist wie ein kleines, heimeliges Wohnzimmer, umgeben von Bergen. Heimat sind für mich vor allem aber auch die Menschen, bei denen ich bedingungslose Liebe erfahre und mich geborgen fühle: meine Familie, meine Freunde und mein Freund. Dort spielt es keine Rolle, ob ich Sängerin oder Bäckerin bin! 

Und was bedeutet die Schweiz für dich? 
Ich bin schon ein echtes Schweizer Kind! Uns geht es einfach unglaublich gut in der Schweiz. Es steckt viel Liebe in diesem Land, das merken wir auch jedes Mal, wenn wir hier an Festivals spielen: Die deutschen Jungs aus meiner Band freuen sich immer sehr auf Konzerte in der Schweiz! Es ist alles mit viel Liebe zum Detail gemacht, der Backstagebereich ist schön, das Essen ist gut, die Leute sind freundlich … Da dürfen wir stolz drauf sein! ·

Information
Die Schweizer Pop­- und Soulsängerin Stefanie Heinzmann (* 1989 in Visp­Eyholz, Kanton Wallis) wurde 2008 be­kannt als Siegerin von Stefan Raabs Talent­wettbewerb und Fern­sehshow SSDSDSSWE­MUGABRTLAD. Sie war damals 18 Jahre jung und hat geschafft, was wenigen Castingstars gelingt: sich fest in der Musikszene der Schweiz, Deutschlands und Öster­reichs zu etablieren. Ihr Debütalbum «Master­plan» wurde mit Gold in Deutschland und Dop­pelplatin in der Schweiz ausgezeichnet. Ihr jüngstes Album heisst Labyrinth. Im Sommer 2023 wird sie wieder live zu sehen sein.

Interview: Sabina Diethelm
Photos: Maurice Haas