Die vierte Generation der Familie Elsener ist stolz auf ihr Unternehmen Victorinox, das dank dem roten Taschenmesser zu einer Weltmarke geworden ist. Ihrem berühmten Swiss Army Knife gelang ein beispielloser Triumphzug um die Welt und sogar bis ins All.
«Unser Urgrossvater Karl Elsener I. eröffnete 1884 mit Hilfe seiner Mutter Victoria eine Messerschmiede-Werkstatt im Dorf Ibach im Herzen der Schweiz. 1891 durfte er die ersten Soldatenmesser an die Schweizer Armee liefern. Damals hatten die Messer schwarze Eichenholzschalen, die schwer und klobig waren», erzählt der heutige CEO Carl Elsener, der die Firma seit 2007 in vierter Generation leitet.
Der Firmengründer hatte jedoch bald die Idee eines eleganten und leichteren Messers mit roten Fiberschalen und zusätzlichen Funktionen wie Schrauben- und Korkenzieher. Der heute weltweit als Swiss Army Knife bekannte Begleiter war geboren. Als seine Mutter 1909 starb, gab der Gründer seiner Marke ihren Vornamen Victoria und liess das Emblem mit Kreuz und Schild gesetzlich schützen. 1921 revolutionierte die Erfindung des rostfreien Stahls die Messerindustrie. Aus Mutters Vornamen, verbunden mit Inox, der internationalen Bezeichnung für rostfreien Stahl, entstand der heutige Firmen- und Markenname Victorinox.
Problemlöser
Das rote Taschenmesser wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Amerika berühmt, als die GIs in den europäischen Armeeläden massenhaft das Swiss Army Knife kauften. 1978 bestellte die NASA die ersten 50 Astronautenmesser. Chris Hadfield, ein kanadischer Astronaut, gibt in seinem Buch den Rat: «Never leave the planet without one» (Verlassen Sie den Planeten nie ohne [Messer]), denn Hadfield konnte dank seinem Taschenmesser die Luke der Raumstation Mir öffnen, als alle anderen Werkzeuge versagt hatten.
Geheimagent MacGyver aus der gleichnamigen populären TV-Serie der 1980er- und 1990er-Jahre konnte sich mit dem Swiss Army Knife aus den verzwicktesten Notsituationen befreien. «Selbst amerikanische Präsidenten kauften unsere Messer», freut sich Carl Elsener. «1997 schrieb uns George W. Bush, dass er bei einer Europareise unsere Fabrik in Ibach besuchen möchte. Wir waren sehr erfreut, als er mit seiner Frau und grosser Gefolgschaft zu uns in die Innerschweiz kam.»
Familienharmonie
Seit sie 1990 geheiratet haben, arbeitet Carl Elsener eng mit seiner Frau zusammen. «Wir zwei sind wie ein Tandem unterwegs», sagt Veronika Elsener. Seit 30 Jahren arbeitet die ehemalige Lehrerin in allen Bereichen des Unternehmens. Als Chief Marketing Officer und Mitglied der Geschäftsleitung begleitet sie mit ihrem Team die verschiedenen Produkte des Hauses in die Welt. In der elfköpfigen Geschäftsleitung wird das Ehepaar von zwei Geschwistern und einem Schwager unterstützt. Noch heute orientiert sich Victorinox in der Entwicklung aller Produkte – ob Messer, Uhren, Reisegepäck oder Parfum – am kleinen roten Taschenmesser und an den Werten, die das Unternehmen seit jeher prägen: Qualität, Funktionalität, Innovation und ikonisches Design.
Carl Elsener denkt oft an seinen Vater, der zu sagen pflegte: «Eintracht baut das Haus, Zwietracht reisst es nieder.» Pionierdenken, Weitsicht, Innovationsgeist und die Industrialisierung von Victorinox waren der Verdienst von Carl Elsener III. Er war bescheiden aufgewachsen und ging auch so durchs Leben. Profit war nie das Wichtigste; die Elseners sind als sozialer Arbeitgeber bekannt. Während andere Unternehmen ihre Produktion in Niedriglohnländer verlegten, blieb Victorinox in der Schweiz. Im Jahr 2000 hat die Familie Elsener ausserdem eine Unternehmungsstiftung gegründet, die heute 90 Prozent der Aktien der Victorinox AG besitzt. Für Victorinox wie auch für die Familie Elsener zählt nicht der grösstmögliche Dividendenfluss, sondern Stabilität und Stärke. «In guten Zeiten muss man für schwierige Zeiten Reserven bilden – das war von jeher unsere Familien- und Unternehmensphilosophie.»
Information:
Victorinox ist mit einem Jahresumsatz von 480 Millionen Franken der grösste private Arbeit-geber des Kantons Schwyz. Niederlassungen und Verkaufsstellen gibt es mittlerweile in über 120 Ländern. Weltweit hat das Unternehmen 2100 Angestellte, etwas mehr als die Hälfte davon in der Schweiz. In Ibach bei Schwyz werden täglich 45000 Swiss Army Knives und Swiss Tools sowie 90000 Haushalt- und Berufsmesser produziert. Im Juli 2017 feierte man die historische Zahl von 500 Millionen bisher hergestellten Taschenmessern. Unter den 400 verschiedenen Taschenmessermodellen der Firma ist der sogenannte Swiss Champ mit 33 Funktionen der aktuelle Verkaufsstar. victorinox.com
Text: Annemarie Mahler
Fotos: Erwin Windmüller