Die hohe Kunst des Grillierens

Andere Jungen träumen davon, Pilot oder Lokführer zu werden. Doch Andreas Reichlin wusste schon früh: "Ich will Bildhauer werden." Viele Jahre später revolutionierte er mit seinem Tatendrang und seiner Kreativität die Art und Weise, wie wir heute grillieren. Mit seiner Erfindung - dem Feuerring - hat er nicht nur einen Grill, sondern auch eine Skulptur geschaffen. Ein Erlebnis für alle Sinne, wie er uns beim Besuch in Immensee erzählt.

Es ist schwer, im idyllischen Immensee das Haus von Andreas Reichlin zu übersehen. Wunderschön am Vierwaldstättersee gelegen ist der imposante Stahlbau und der aufsteigende Rauch vom Feuerring schon von weitem zu sehen. Hier haben sich der Innerschweizer und seine Partnerin Beate niedergelassen, nicht weit von der berühmten Hohlen Gasse der Wilhelm-Tell-Sage.

Andreas Reichlin vor seinem Feuerring.
Wenn Andreas über seinen Feuerring spricht, ist er wahrhaftig Feuer und Flamme.

Andreas stammt aus einer Künstlerfamilie. Sein Onkel hatte ein Atelier im selben Gebäude, in dem der Innerschweizer heute arbeitet und lebt, sein Vater führte eine Galerie. Reichlin Senior hat das Denken und Handeln des jungen Andreas stark geprägt. Er lehrte seinen Sohn von klein auf, sich nicht auf Probleme zu konzentrieren, sondern darauf, wie sie am besten gelöst werden können. Und genau diese Einstellung und Herangehensweise brachte Andreas auf die Idee des Feuerrings.

"Die Idee kam mir bei einem Grillabend", erinnert sich Andreas. "Immer wenn ich mein Fleisch gegrillt habe, tropfte der Saft auf die Glut. Dadurch entstand Rauch, der auf das Essen überging, und das bekam meinem Magen nicht. Es musste also eine Lösung her: "Ich suchte nach einem Verfahren, das Lebensmittel auf eine gesunde Art und Weise  zubereitet - mit einer ästhetischen, künstlerischen Form. Nach langem Suchen, Testen und Ausprobieren bin ich auf die Form des Feuerrings gekommen."

Andreas Reichlin with Feuerring
«Ich mache die Form, aber ihr schreibt die Geschichte.» - Andreas Reichlin © Feuerring

Ein herausfordernder Start…

Der Weg zum fertigen Produkt war zunächst steinig. Andreas brauchte vier Jahre, um die beste Lösung zu finden. Der Grill – heute verwendet Andreas ausschliesslich das Wort Feuerring – musste so geformt und verschweisst werden, dass das Grillgut möglichst schonend gegart wird und die Schale durch die entstehende Hitze nicht verformt. Ebenso wichtig waren Andreas die Form und die räumlichen Gegebenheiten des neuen Produkts. Nach etlichem Tüfteln war es im Jahre 2009 dann soweit, der Feuerring war geboren: eine Schale mit einem geschweissten Ring und einer «goldenen» Mitte für das Feuer. Im selben Jahr lernte Andreas auch seine Partnerin Beate kennen. "Ein Glücksfall in zweierlei Hinsichten", fügt er schmunzelnd hinzu.

Die beiden Gründer von Feuerring: Andreas Reichlin und seine Partnerin Beate.
Die beiden Gründer von Feuerring: Andreas Reichlin und seine Partnerin Beate. © Feuerring

…mit Happy End

Beate erwies sich als die treibende Kraft hinter der heutigen Firma Feuerring. Die Idee zur Firmengründung gefiel Andreas anfänglich jedoch gar nicht. Schliesslich war er Künstler und schätzte die Unvorhersehbarkeit und Unplanbarkeit des Lebens. "Feste Arbeitsbedingungen haben mich noch nie gereizt", erklärt er. Heute führen Andreas und Beate das Unternehmen gemeinsam, um die Freude, die sie mit dem Feuerring haben, weiterzugeben. Und das mit beachtlichem Erfolg: Der Feuerring kommt bei der Kundschaft im In- und Ausland bestens an. Leider hat dieser Erfolg auch eine Reihe von Nachahmern angezogen. Im Gegensatz zu diesen ist der Feuerring aber mehr als ein Grill. Er ist in erster Linie eine Skulptur, die noch lange nach dem Erlöschen der Glut ihre ganze Wirkung und Anziehungskraft behält. 

Über die Frage nach seinem schönsten Feuerring-Erlebnis muss Andreas nicht lange nachdenken. "2008 sass ich in meinem Garten und brutzelte Eier auf meinem Prototyp, als zwei Frauen vorbeiradelten. Wie meine Freunde und Familie wissen, ist das heute kein ungewöhnlicher Anblick. Aber damals hatte noch niemand etwas von dieser Grilltechnik gehört." Die beiden Frauen waren vom Feuerring so fasziniert, dass Andreas sie spontan zum Essen einlud. Doch trotz der Faszination für den Feuerring konnten sich die Damen wegen ihrer Wohnung mitten in Zürich keinen leisten. 

Elf Jahre später dann, erhält Andreas eines Tages Post von denselben Frauen. ‘Ob er sich noch an das Mittagessen mit den Spiegeleiern erinnere? ', wollten die Frauen wissen. Andreas schmunzelt, als er daran zurückdenkt und fügt hinzu: "Die Frauen haben inzwischen einen Feuerring gekauft. Diese Geschichte ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Denn je früher man sich einen Feuerring zulegt, desto länger hält die Freude."

Und was empfiehlt Andreas persönlich für ein Feuerring-Essen? "Einen frisch filetierten Fisch direkt auf dem glühenden Holz gegrillt, mit Sellerie und Roter Bete unter der Glut. Das bringt die Geschmacksknospen so richtig in Schwung und schmeckt einfach göttlich!"

Text: Tanja Fegble

Fotos: Tanja Fegble / Feuerring

 

23.12.2022