Es ist 10.30 Uhr, als mein Kollege Reto und ich, in Begleitung von Peter “Pete” Laasner, Präsident der Stiftung Kinderhilfe des SWISS Personals, im Operations Center (OPC) 1 am Flughafen Zürich eintreffen. Hier im Herzen des SWISS Flugbetriebs bereiten sich unsere Kolleg:innen der Crew auf ihre Flüge vor. Im oberen Stockwerk arbeiten Abteilungen wie Network Operations Control, Crew Control und Flight Dispatch für einen reibungslosen Flugbetrieb. Mittendrin: die Münzsortierer:innen, die heimlichen Helden hinter den Kleingeldspenden der SWISS Passagiere.
Pensionär Karl Laasner: Mister Münzler
Gleich zu Beginn fallen uns die acht Pensionäre auf, die an einem Stehtisch vor der Cafeteria hungrig ihre Brötchen verzehren und sich gut gelaunt unterhalten. Mitten unter ihnen Karl Laasner. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, wenn es um die Zusammenarbeit von SWISS mit der Stiftung SOS-Kinderdorf in Bezug auf die Spenden der Passagiere geht.
Karls Leben allein wäre schon eine Geschichte wert. Viele Länder hat er während seiner Zeit bei der Swissair bereist. Und wenn der rüstige Rentner erzählt, beginnen seine Augen zu leuchten.
Als er 1974 zum ersten Mal mit den SOS-Kinderdörfern in Kontakt kam, war er gerade ein paar Jahre in Nairobi und sofort von der Idee überzeugt. Zurück in der Schweiz wurde Karl Vizepräsident der Swissair Personalstiftung für Kinder in Not. Zu einer Zeit, als auch andere Fluggesellschaften begannen, Geld für gute Zwecke zu sammeln, bat ihn sein damaliger Chef, Head of Product Management, die Verantwortung für eine neue Kleingeldsammlung an Bord zu übernehmen. Damit legte er den Grundstein für eine jahrzehntelange Partnerschaft mit den SOS-Kinderdörfern, die bis heute andauert.
Doch wie kam man auf die Idee, pensionierte Mitarbeitende für die Münzsortierung einzusetzen? “Aus rein wirtschaftlichen Gründen”, erklärt Peter Laasner, SWISS Pilot und Sohn von Karl, der sich seit 1998 ebenfalls ehrenamtlich für die Stiftung Kinderhilfe des SWISS Personals und die Stiftung SOS-Kinderdorf engagiert. “Am Anfang war der administrative Aufwand einfach zu gross. Die Münzen und Banknoten wurden zur Sortierung nach England geschickt - und am Ende blieb ein zu geringer Betrag für karitative Projekte übrig”, so Pete.
"Wir können das besser selbst machen, als die Münzen und Scheine zum Sortieren nach England zu schicken."
Rentner und Drahtzieher für die Kleingeldspenden an Bord von SWISS
"Das können wir besser", meinte ein Kollege von Vater Karl, und zusammen mit einigen weiteren Kolleg:innen aus verschiedenen Abteilungen der damaligen Swissair nahmen sie das Sortieren und Zählen der Kleingelder selbst in die Hand. Es war eine Mammutaufgabe, denn aus den Spenden kamen Münzen und Noten aus über 140 Währungen zusammen.
Ein Meer von Münzen aus über 140 Währungen
Wir sehen selbst, wie gross diese Aufgabe ist. Nach der Kaffeepause machen sich die Rentner:innen wieder zügig an die Arbeit - ihre Arbeitsmoral ist bewundernswert. Wir sind beeindruckt, als wir den Tisch sehen, auf dem sich Berge von Münzen, Geldscheinen, Tüten und bunten Schachteln stapeln.
Nach jedem Langstreckenflug sammeln die SWISS Cabin Crew Member die Säckchen mit dem gespendeten Kleingeld der Passagiere ein, das ausgewählten Hilfsprojekten zu Gute kommt. Einmal im Monat treffen sich neun von ihnen, um das Kleingeld der Fluggäste zu sortieren. Sie wissen genau, was zu tun ist, und sortieren fleissig und arbeitsteilig die unzähligen Münzen und Scheine, die hier zusammenkommen. Vor allem Münzen, aber auch Geldscheine finden sich in den Säcken. "Früher hatten wir schon mal einen 1000er-Schein in Schweizer Franken, aber auch heute finden wir regelmässig 200er-Noten", erzählt einer der Senioren.
"Auch heute noch finden wir 200-Schweizer Franken Noten."
Von Goldvrenelis, Eheringen bis zu Münzen aus dem deutschen Kaiserreich
Gelegentlich wird die Stille durchbrochen, wenn jemand eine besondere Banknote oder Münze entdeckt und sie an seine Kollegen Erich und Hans-Peter weitergibt. Die beiden sind zusammen für die "Exoten" zuständig, also für Münzen, die nicht zu den gängigen Währungen der SWISS Destinationen gehören. Diese «Exoten» erfordern ein geschultes Auge. Kaum zu glauben, was hier alles zusammenkommt. Von Goldmünzen aus dem deutschen Kaiserreich bis hin zu Einräpplern und Goldvrenelis war alles dabei. «Auch einen goldenen Zahn und einen Ehering haben wir schon gefunden. Welche Geschichte hier wohl dahinter steckt», schmunzelt Pete.
Mehr als nur Münzen sortieren: Voller Einsatz für Kinder in Not
Während Marianne die Banknoten der gängigen Währungen, die schon einen Wert von 5'000 bis 10'000 Schweizer Franken haben können, in einer blauen Kiste selbst zur Bank bringt, kümmern sich Karl und Erich um den Umtausch der exotischen Münzen und alten Banknoten.
Kein Weg ist zu weit, um einen möglichst hohen Erlös zu Gunsten der Kinder zu erzielen. Einige der wertvollen Stücke werden über den Online-Marktplatz Ricardo verkauft. Einräppler und alte Schweizer Banknoten finden ihren Weg in die Filiale der Schweizerischen Nationalbank in Appenzell, und viele der ausländischen Münzen und Noten tauschen die reisefreudigen Rentner:innen in den Ferien selbst um, oder verkaufen sie anderen Reisenden um einen möglichst hohen Erlös zu erzielen. Doch nicht alles kann selbst gewechselt werden. Zweimal im Jahr bringt ein Geldtransporter die Münzen nach Deutschland. Dort werden sie auf die einzelnen Länder verteilt.
Bis zu einer Viertelmillion jährlich für die SOS-Kinderdorf
Der unermüdliche Einsatz von Karl und seinem Team hat sich gelohnt. In den Jahren vor der Corona-Pandemie brachten die Pensionierten jeweils die stolze Summe von rund einer Viertelmillion Schweizer Franken zusammen. «Heute ist es zwar nur noch die Hälfte, aber die Spendenbereitschaft steigt wieder», freut sich Pete.
Dank der grosszügigen Spenden vieler Passagiere konnten in der Vergangenheit drei besondere Projekte in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kinderhilfe des SWISS Personals realisiert werden. In den SOS-Kinderdörfern in Dar es Salaam, Phuket und Cartagena wurde je ein Haus mit den Beiträgen der Passagiere gebaut. Die Lebenshaltungskosten der Familien in diesen SWISS Häusern wurden anschliessend von der Stiftung Kinderhilfe übernommen, die regelmässig Spenden von den SWISS-Mitarbeitenden erhält. “Diese Kombination von Spenden der Mitarbeitenden und der Passagiere ist einzigartig und hat eine grosse Vorbildfunktion”, betont Pete.
Und was passiert eigentlich mit all dem Kleingeld, das am Zürich Flughafen in die herzförmigen Spendenbehälter geworfen wird? Überraschenderweise sind es auch unsere Helden im Ruhestand, die jeden Monat über sich hinauswachsen, um auch diese Münzen und Scheine in akribischer Kleinarbeit zu sortieren. Und mit jeder glänzenden Münze schenken sie Kinderaugen auf der ganzen Welt einen Hauch von Zauber und Hoffnung oder unterstützen damit den World Wide Fund for Nature (WWF) oder das Schweizerische Rote Kreuz.
Weitere Informationen
Die Kleingeldspende für SOS-Kinderdorf Schweiz ist eine Initiative von SWISS, bei der Passagiere an Bord und am Flughafen Zürich Münzen und Noten spenden, die vollumfänglich an SOS-Kinderdorf Schweiz gehen. Mit der Spendenaktion können die Passagiere Kindern in Not helfen und einen wertvollen Beitrag leisten. swiss.com/sos-kinderdorf
Text: Tanja Fegble und Fotos: Reto Hoffmann; SWISS Communications
Veröffentlicht am: 08.06.23