Herr Spielberg, Sie haben die ganze Welt bereist. Welcher Ort hat Ihnen den Atem geraubt?
Was mich an fremden Orten interessiert, ist vor allem die Kultur. So gesehen ist China – Peking, Shanghai – wohl das faszinierendste Land, das ich je besucht habe. 1988 habe ich dort den Film «Das Reich der Sonne» gedreht. Die Menschen in Asien sind hungrig nach Unterhaltung aller Art, und damit meine ich nicht nur teuer produzierte Action-Blockbuster, sondern auch Filme mit Substanz und Tiefgang. Filme, die das wahre Leben zeigen. Die asiatischen Märkte haben sich in den letzten 20 Jahren stärker geöffnet, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Wo China, Korea und überhaupt ganz Asien heute sind, ist alleine den Menschen und ihrem unstillbaren Durst nach guter Unterhaltung zu verdanken.
Welche Frau in Ihrem Leben hat Sie am meisten beeinflusst und was haben Sie von ihr gelernt?
Meine Mutter war eine sehr starke Frau. Unser Verhältnis ähnelte eher einer Freundschaft. Ich habe sehr viel von ihr gelernt, vor allem wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren. In meinen Augen haben Frauen ein besseres Gespür dafür, eine angenehme Atmosphäre, eine Art Familienkultur zu schaffen. Deshalb arbeite ich auch besser mit Frauen zusammen.
Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem jungen Ich geben?
Ich würde ihm wahrscheinlich Folgendes sagen: Du wirst eines Tages sehr erfolgreich sein, also entspann dich mal (lacht). Lass das Fingernägelkauen und das ständige Dir-Sorgen-Machen, Steven, denn eines Tages wirst du es schaffen. Alles passiert zu seiner Zeit.
Was würden Sie heute anders machen?
Das ist mal eine gute Frage! Ich hätte meinen Kindern vor etwa 17 Jahren den Computer wegnehmen sollen (lacht). Ein Klapphandy ohne Internetanschluss hätte gereicht, sodass sie gezwungen gewesen wären, all ihre Informationen aus der Zeitung, dem Fernsehen oder aus Gesprächen am Esstisch zu beziehen. Ich wünschte, ich wäre ein bisschen strenger gewesen.
Was hat Sie das Vatersein gelehrt?
Unendliche Geduld (lacht)! Es ist unmöglich, ein guter Vater zu sein, wenn man keine Geduld hat. Ich habe sieben Kinder und sie hätten unterschiedlicher nicht sein können. Das ist es, was ich an meiner Familie so liebe.
Was war Ihr schönstes Geschenk?
Ein alter Plattenspieler, den ich von meinen Kindern zu meinem 70. Geburtstag geschenkt bekommen habe.
"Es ist unmöglich, ein guter Vater zu sein, ohne Geduld zu haben."
Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Schauspieler
Hat sich Ihre Perspektive aufs Leben geändert?
Ja, ich bin mit dem Alter etwas zynischer geworden. Am Set kann ich «Action!» rufen und die Besetzung macht genau das, was ich will. Im wahren Leben ist das ganz anders. Da hat niemand die Autorität, einfach «Action!» oder «Cut!» zu rufen.
Wie würden Sie den folgenden Satz vervollständigen: Steven Spielberg ist ...
... müde. Ich habe zwei Filme innerhalb eines Jahres realisiert und das ist mehr, als ein Mensch alleine bewältigen kann.
Sie trinken aber keinen Kaffee, richtig?
Das stimmt. Ich bekomme meinen Adrenalinschub jeden Morgen, wenn mir bewusst wird, dass ein brandneuer Tag vor mir liegt, der allerlei spannende Dinge bereithält. Ich habe in meinem Leben keine einzige Tasse Kaffee getrunken. Warum auch? Mir fliesst eben von Natur aus Koffein durch die Adern.