Trauffer: zwischen Popstar, Unternehmer und Sommelier

Trauffer ist einer der erfolgreichsten Musiker der Schweiz, hauptberuflich aber Unternehmer in seinem Familienbetrieb. Der Tausendsassa aus dem Berner Oberland erzählt im Gespräch mit SWISS, was für ihn Heimat bedeutet – und weshalb er neuerdings ausgebildeter Sommelier ist.

Trauffer, du bist einer der erfolgreichsten Schweizer Musiker. Aber hauptsächlich bist du Unternehmer im Familienbetrieb für Holzspielwaren, hast letztes Jahr ein Hotel eröffnet und führst seit kurzem ein eigenes Restaurant. Bist du nicht langsam überarbeitet?

Ich arbeite tendenziell etwas zu viel, stimmt (lacht). Mittlerweile habe ich aber eine gute Balance gefunden. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig – sonst wäre ich unglücklich.

 

Du wirkst trotz deines Erfolgs sehr bodenständig – eine Eigenschaft, die man gerne uns Schweizern zuschreibt. Verkörperst du Schweizer Werte?

Das kommt ganz darauf an. Als ich damals gesagt habe, ich wolle als Schweizer Musiker das Hallenstadion füllen, fanden das einige sehr unschweizerisch oder sogar arrogant. Wenn ich dann aber in einem Lied übers Fondue-Essen singe, heisst es wieder, ich sei der ultimative Oberschweizer. Da hat wohl jeder eine eigene Meinung.

Trauffer - Gondeli (Offizielles Video)

 

Es gibt eben nicht nur die «eine» Schweiz, unser Land lebt von seiner Vielschichtigkeit.

Es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen und ich finde es schade, wie sich die Politik in den letzten Jahren entwickelt hat. Es gibt fast nur noch Extreme, egal ob links oder rechts. Die gemässigte Mitte bricht langsam weg. Es gibt ja weiss Gott nicht nur die Bauern am Handörgeli auf der einen Seite und die hippen, modernen Städter auf der anderen. Ich habe viele Freunde in Zürich und bin öfter hier, als viele denken würden. Weder in der Stadt noch auf dem Land begegnen mir diese überzeichneten Stereotypen im richtigen Leben.

 

Spielst du in deinen Songs nicht auch mit solchen Klischees?

Mir wurde auch schon vorgeworfen, meine Songs wären überzeichnet. Aber das ist halt mein persönliches Lebensgefühl, so erlebe ich meine Realität. Klischees gibt es überall – die Wahrheit liegt aber meistens irgendwo dazwischen. Wieso haben wir überhaupt immer das Gefühl, wir müssten uns für eine bestimmte Schublade entscheiden? Meine Frau zum Beispiel ist Vegetarierin. Mitten in unserem Restaurant haben wir trotzdem einen grossen Schrank mit Dry-aged-Fleisch. Die Hälfte unserer Speisekarte wiederum ist vegetarisch oder vegan. Es gibt so viel Schönes aus beiden Welten, wieso sollten wir also nur die eine Seite ausleben dürfen?

"Es gibt so viel Schönes aus beiden Welten, wieso sollten wir also nur die eine Seite ausleben dürfen?"

Trauffer
Entertainer und Unternehmer

 

Du führst mit Deiner Frau Brigitte in der «Trauffer Erlebniswelt» in Hofstetten bei Brienz neben dem Hotel auch ein eigenes Restaurant, das «Alfred’s». Was kommt bei euch auf den Teller?

Es muss vor allem «echt» sein. Wenn wir Fleisch servieren, dann ist das Schweizer Fleisch, geschlachtet von einem Metzger aus der Region. Das meiste Gemüse kommt aus dem Berner Seeland. Am Anfang wollte ich strikt keinen Fisch, mittlerweile haben wir auf unserer Karte aber Lachs aus dem bündnerischen Lostallo und Shrimps aus Basel. Ich finde es verrückt, Lachs aus Alaska oder Rindfleisch aus Argentinien einzufliegen und dann billig zu verkaufen. Das geht doch hinten und vorne nicht auf.

 

Machst du dich beim Essen und mit der Musik also stark für die Heimat?

Ja, aber ich mache das nicht einmal absichtlich. Ganz ehrlich: Ich könnte das Holz für unsere Spielzeuge auch viel billiger einkaufen, zum Beispiel aus Rumänien. Aber das macht für mich einfach keinen Sinn. Heute wollen ja alle nachhaltig sein – diesen Gedanken leben wir in unserem Betrieb schon seit 20 Jahren. Das reicht bis zu wasserbasierenden Farben für das Bemalen unserer Holzkühe. Solche Entwicklungen kosten zuerst oft mehr Geld, aber das gehört dann eben auch dazu.

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Du wirkst nachdenklich, deine Musik hingegen ist leicht und fröhlich. Ist die Bühne für dich ein Ausgleich?

Ich bin in einer sehr unmusikalischen Familie aufgewachsen. Wir hatten nur ganz wenige Platten, und die waren fröhlich. Musik stand für mich schon immer für Spass und Unterhaltung. Klar, ich habe eine nachdenkliche Seite und könnte meine Ansichten oder Werte auch in meinen Songs kundtun. Aber das können andere viel besser. Für mich ist es das Schönste, die Leute einfach nur zu unterhalten. Ob ein Publikum von 200, 2’000 oder 20’000 Menschen spielt mir dabei keine Rolle. Es macht mir einfach Freude, den Leuten eine Pause von ihrem Alltag zu verschaffen. Da brauchts auf der Bühne nicht noch den Trauffer, der etwas zur Umwelt predigt.

 

Auf deinem aktuellen Album «Glöggelä» besingst du einerseits die Brooklyn Bridge, andererseits das «Brüggli am Bach». Was ist für dich Heimat?

Zuhause bin ich in Brienz im Berner Oberland. Dort bin ich geboren. Wäre ich in Zürich geboren, wäre meine Heimat halt in Zürich. Ich könnte mich auch in einer Stadtwohnung einrichten und mich dort zuhause fühlen. Oder in New York. Es ist ja nicht so, dass ich den ganzen Tag nur in der Sennenkutte rumlaufe und im Wald jodeln gehe. Ich bin viel auf der Welt unterwegs, geschäftlich reise ich vor allem in Europa.

 

Wann warst du das letzte Mal in einer Stadt wo du gerne noch etwas geblieben wärst?

Vor kurzem waren wir im Hamburg, dort hätte ich locker noch etwas bleiben können. Mir gefällt die Neustadt dort sehr gut, man spürt viel Kultur und auf der Reeperbahn knallt es noch so richtig.

 

Gefällt dir Hamburg vielleicht so gut, weil die Stadt mitunter als etwas ungeschliffen, oder in deinen Worten: «echt» beschrieben wird?

Genau das ist es! Dort reden die Leute nicht um sieben Ecken herum, sondern sagen dir ihre Meinung direkt ins Gesicht. Vielleicht zieht es mich tatsächlich an solche Orte.

 

Wie «echt» bist du als Gastgeber? Das ist die Rolle, die du aktuell am meisten lebst.

Ich glaube, die Rolle als Gastgeber liegt mir. Es ist im Restaurant dasselbe wie auf der Bühne: Die Leute kaufen ein Ticket oder bestellen einen Dreigänger und haben eine gewisse Erwartung. Dann musst du abliefern.

 

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Wie siehts umgekehrt aus: Wie bist du, wenn du selber ein Gast bist?

Seit ich selber Gastronom bin, sehe ich das mit ganz anderen Augen. Ich sehe jetzt, was für ein Aufwand hinter ganz einfachen Sachen steckt. Wenn ich in einer Bergbeiz einen Teller Spaghetti bestelle, denke ich mittlerweile sofort: Wow, das musste ja jemand zuerst hier hoch transportieren! Das passiert automatisch. Musikhören kann ich ja schon seit langem nicht mehr wie ein normaler Mensch. Sobald ich einen Song höre, fange ich sofort damit an, ihn zu analysieren.

 

Bist Du ein detailvernarrter Typ, der nächtelang an einem Song rumschraubt? Bis er eben perfekt ist?

Zum Glück nicht. Ich bin jemand, der schnell loslassen kann. Manchmal schickt mir mein Team eine neue Version eines Songs, wo sie an einer Stelle das Schlagzeug ein halbes Dezibel lauter gemacht haben - und alle sind begeistert. Dann denke ich mir manchmal: Habt ihr sie nicht mehr alle? (lacht) Das interessiert doch niemanden. Für mich muss ein Song einfach rund sein, ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Wenn die Stimmen harmonieren und die Melodie dich mitreisst, dann bin ich zufrieden. Da kann man noch lange an einem halben Dezibel rumschrauben, das ändert daran nichts.

 

Bist du in allen Lebensbereichen so entspannt oder bist du auch mal ein richtiger Bünzli?

In meinem Holzwarenbetrieb bin ich sogar ein extremer Bünzli. Ich überprüfe und unterschreibe jede einzelne Rechnung selber. Das sind vier Bundesordner, und zwar jeden Monat. Letztens hatte ich vom Restaurant eine Rechnung für eine Säge auf dem Tisch. Ich ging zur Buchhaltung und habe gesagt, das sei falsch und gehöre zu den Holzspielwaren. Dann hat sich aber herausgestellt, dass die Säge tatsächlich von meinem Chefkoch für das Restaurant gekauft wurde. Wenn man das Fleisch von einem ganzen Rinderrücken am Stück reifen lässt, muss man den ja irgendwann auch in zerteilen. Es war also eine Metzgersäge.

"Ich überprüfe und unterschreibe jede einzelne Rechnung selber. Das sind vier Bundesordner, und zwar jeden Monat."

Trauffer

 

Du trinkst in eurem Restaurant keinen Alkohol. Wieso?

Ich trinke sehr gerne Wein, aber nicht bei uns im Restaurant. Das ist purer Selbstschutz. Sonst würde ich automatisch zu viel trinken.

 

Was für Wein trinkst du, wenn du nicht in deinem Restaurant bist?

Am liebsten mag ich Rotwein, möglichst dunkel und mit viel Tanninen. Ich bin ein grosser Fan von Ribera del Duero. Wein ist für mich eine Leidenschaft, ich bin mittlerweile sogar ausgebildeter Sommelier und mache im Herbst das Level 3.

 

Wie bist du dazu gekommen?

Wir hatten 2019 die Entscheidung getroffen, das Hotel zu bauen. Zuerst wollten wir das Restaurant gar nicht selber führen. Uns wurde aber schnell klar, dass sich das nicht vom Hotel trennen lässt. Da haben meine Frau und ich gemeinsam das Wirtepatent gemacht. Dann habe ich das Diplom zum Käsesommelier erlangt und mit der Wein-Ausbildung angefangen. Ich muss ja auch eine richtige Aufgabe haben, ich kann nicht einfach nur von Tisch zu Tisch rumlaufen und den Gastgeber spielen. Nun kenne ich mich zumindest in zwei wichtigen Bereichen aus: Käse und Wein.

 

Die Musik spielt in deinem Leben aktuell die zweite Geige. Wirst du nicht irgendwann unruhig und möchtest neue Musik machen?

Ich habe das grosse Privileg, dass ich nicht von meiner Musik leben muss. Das hat auf die Authentizität von meinen Songs und von mir als Mensch einen enormen Einfluss. Ich bin froh, dass ich meine Künstlerkarriere nie allzu wichtig nehmen musste und die Musik nach wie vor ein Hobby von mir sein darf. Ich sah über die Jahre viele Musikerkollegen kommen und gehen. Viele Künstler haben Angst, dass sie irgendwann wieder normal arbeiten gehen müssen. Wer einmal von der Musik leben konnte, möchte nicht unbedingt wieder auf den Bau oder ins Büro gehen. Bei mir ist das anders: Ich gehe sowieso jeden Montag wieder arbeiten. Egal, ob ich am Tag zuvor noch vor Tausenden von Leuten gespielt habe.

 

Im März gehts wieder los auf Tournee. Auf was freust Du Dich am meisten?

Auf all die glücklichen Gesichter. Das treibt mich an. Solange ich Menschen mit meiner Musik glücklich machen und unterhalten kann, geht es mir gut. Jetzt kommen die sogenannt «kleineren» Konzerte, in meinem Fall sind das jeweils rund 5’000 Leute. Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit dem Publikum eine Party zu feiern und auf der Bühne so richtig Gas zu geben. Auch das ist für mich ein Gefühl von Heimat.

Konzert-Termine 2023:

 

10.03.2023 – Langenthal, Westhalle

18.03.2023 – Frauenfeld, Rüegerholz

01.04.2023 – Brunegg, Vianco

22.04.2023 – Küssnacht, Rigihalle

29.04.2023 – Wichtrach, Sagibach

29.04.2023 – Wichtrach, Sagibach (Kinderkonzert am Nachmittag)

06.05.2023 – Chur, Stadthalle

13.05.2023 – Visp, Lonza Arena

 

Mehr Informationen auf trauffer.ch

Interview: SWISS Magazine

 

Publikationsdatum: 10.03.2023