Flugzeugtechnikerin Ines: «Die Faszination für Flugzeuge war immer da»

Ines Eckstein, Flugzeugtechnikerin bei SWISS, gewährte dem SWISS Magazine einen Einblick in ihre faszinierende Welt der Line Maintenance. Als Aircraft Engineer Cat. B1 ist sie für die tägliche Wartung der SWISS Flotte verantwortlich und erzählt, welchen täglichen Herausforderungen sie begegnet und wie ihre Faszination für das Fliegen entstanden ist.  

Eine Frau sitzt auf einer Leiter neben einem Flugzeug und schaut in die Ferne. Die Klappen des Flugzeuges stehen offen und man sieht die Technik. Die Frau trägt eine leuchtweste.
Das Siegerbild der Ringier EqualPYXX Fotochallenge 2023 zeigt Ines Eckstein, welche als Aircraft Engineer für die tägliche Wartung der SWISS Flotte verantwortlich ist. © Markus A. Jegerlehner

Du bist Flugzeugtechnikerin bei SWISS. Kannst du uns mehr über dich und deine Arbeit erzählen?
Mein Name ist Ines Eckstein und ich bin bei SWISS Technics in der Line Maintenance als Aircraft Engineer Cat. B1 tätig. Line Maintenance bedeutet, dass wir für die täglichen Wartungsarbeiten der gesamten SWISS Flotte zuständig sind. Unsere Arbeit umfasst tägliche Routinechecks sowie etwas speziellere Aufgaben. Von der Kaffeemaschine bis zum Triebwerk. Jeglicher technische Defekt, welcher von der Crew während des Fluges notiert wird, fliesst in unsere Planung ein. Kaum am Flughafen Zürich gelandet, kümmern wir uns darum.

Die Kategorie B1 ist eine Zertifizierung der EASA (European Union Aviation Safety Agency), die mich dazu berechtigt, Arbeiten an Flugzeugen durchzuführen und diese anschliessend für den Betrieb freizugeben. Neben der EASA- Zertifizierung benötigt man für jeden Flugzeugtyp, an dem man arbeitet, noch eine zusätzliche Berechtigung. Derzeit besitze ich die Typenscheine für die Flugzeuge Airbus A330 und A340. Ab nächstem Jahr werde ich ausserdem die Typenscheine für die Flugzeuge A320 und A320neo erhalten.

In der Line Maintenance sind wir fünf Gruppen von ca. 15 - 20 Mechanikern und je einer Handvoll Elektrikern, die entsprechend den anstehenden Arbeiten, am Flugzeug eingeplant werden. Wir arbeiten in zwei Schichten: in der Frühschicht und in der Spätschicht. Mittlerweile kennt mein privates Umfeld den Turnus und so lässt sich Beruf und Privates gut vereinbaren. Ich bin leidenschaftliche Westernreiterin und seit letztem Jahr nehme ich auch an Wettkämpfen teil. Findet an einem geplanten Einsatz ein Wettkampftag statt, musste ich bei der jährlichen Urlaubsplanung nur in die Runde fragen. Es wird auf jeden Rücksicht genommen, was ich sehr schätze! Grundsätzlich sind wir sehr flexibel und helfen uns stets untereinander aus.

«Wenn wir in den Urlaub geflogen sind, war diese Faszination für Flugzeuge immer da.»

Ines Eckstein
Flugzeugtechnikerin bei SWISS

Was sollte man für den Beruf des Flugzeugtechniker/in mitbringen?
Ich denke, Freude für die technische Arbeit sollte man sicherlich mitbringen. Der Beruf ist äusserst abwechslungsreich und unglaublich interessant. Wir arbeiten an mehreren Flugzeugtypen und in verschiedenen Bereichen im und am Flugzeug. Da muss man fähig sein, schnell zwischen diesen unterschiedlichen Arbeiten und Systemen wechseln zu können. Genaues Arbeiten im Freien, unter Lärm, bei jeder Witterung und stets unter Berücksichtigung von strengen Richtlinien sollte einem Spass machen. Ein grosser Vorteil unseres Berufes ist die standardisierte Zertifizierung. Die Zertifizierung erlaubt es uns, international zu arbeiten. Das System ist so aufgebaut, dass man sich ständig weiterbilden kann. So können auch Quereinsteiger ihre Arbeitserfahrungen nach gewissen Kriterien bewerten lassen und entsprechend ihrer bisherigen Karriere die nötigen Nachqualifizierungen absolvieren und in den Beruf einsteigen. 

Ein weiterer wichtiger Faktor ist zudem das Zeitmanagement. Wenn wir das Flugzeug nicht freigeben, kommen Hunderte von Reisenden nicht an die gewünschte Destination und in den Urlaub. Das wollen wir natürlich nicht. Darum müssen wir fähig sein, die Arbeiten im geplanten Zeitraum sorgfältig und effizient durchzuführen. Jeder, der an einem Flughafen arbeitet kennt das, der Betrieb ist minutiös geplant, jedoch sind kurzfristige Änderungen jederzeit möglich. Da muss man eine grosse Flexibilität und ein gewisses Organisationstalent mitbringen. Wenn trotz allen Kurzfristigkeiten und Erschwerungen der Plan aufgeht, sind das die Erfolgsmomente unserer täglichen Arbeit.

Ines Eckstein schraubt an einem Teil. Sie ist umgeben von vielen bunten Kabeln.
Schon früh wusste Ines Eckstein: «Das ist der Beruf, den ich lernen möchte.» © Markus A. Jegerlehner

Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?
Jedes Mal, wenn wir in den Urlaub gefolgen sind, war diese Faszination für Flugzeuge da. Für mich war es aber schon damals interessant zu wissen, was alles hinter so einem grossen Flugzeug steckt. Dass es den Beruf des Fluggerätmechanikerin gibt, wurde mir aber erst in der Schule bewusst, als es um die konkrete Berufswahl ging. Fluggerätemechanikerin war zufällig einer meiner ersten Vorschläge bei einem Eignungstest. Nach einer kurzen Schnupperlehre bei der Bundeswehr war mir schnell klar, das ist der Beruf, den ich erlernen möchte.

Die 3 ½-jährige Ausbildung zur Fluggerätmechanikerin mit Fachrichtung Fertigungstechnik, im Volksmund kurz Spengler, habe ich dann am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen (München) absolviert. Das war eine äusserst interessante und lehrreiche Zeit. Diese Ausbildung gibt es so in der Schweiz nicht. Vergleichbar wäre hier die Lehre des Polymechaniker/in oder Automatiker/in mit Fachrichtung Flugzeugunterhalt, welche man auch bei der SWISS absolvieren kann. Nach der Ausbildung war ich zwei weitere Jahre in Oberpfaffenhofen, wo ich vorwiegend an Business Jets gearbeitet habe. Meine Mutter hat ein Gästehaus und zufälligerweise verbrachte dort ein Mitarbeiter der SWISS seinen Urlaub. Durch ihn bin ich auf SWISS aufmerksam geworden und nach dem ersten Bewerbungsgespräch wusste ich, ja das passt, da will ich hin.

«Frauen in diesem Beruf sind keine grosse Ausnahme mehr.»

Ines Eckstein

Der Fotograf Markus A. Jegerlehner hat dich für die Ringier EqualPYXX Fotochallenge 2023 bei der Arbeit fotografiert. Das Foto hat in der Kategorie «New Role Models» gewonnen. Hättest du das erwartet?
Nicht zwingend erwartet, aber ich hatte dem Bild gute Chancen eingeordnet. Jeder der schonmal geflogen ist, weiss vermutlich, dass es uns gibt. Im Alltag, wenn man fliegt, sieht man uns und unsere Arbeit aber selten. Man kann es sich sicherlich vorstellen, jedoch hat man kein genaues Bild vor Augen. Wenn die Crew und die Reisenden an Bord kommen, sind die nötigen Kontrollen und Reparaturen abgeschlossen und wir bereits beim nächsten Flugzeug. Ich glaube, das Bild hat für viele den ersten Einblick in den Beruf der Flugzeugtechnikerin ermöglicht. Jemanden bei der Wartung eines Flugzeugs zu sehen, ist ein einmaliger und wichtiger Blick hinter die Kulissen des Flugbetriebs. Zudem kann ich mir gut vorstellen, dass viele sich im Beruf des Flugzeugtechnikers wahrscheinlich einen Mann vorstellen und dann sticht das Bild einer Frau nochmals raus. Aber es ist wichtig zu erwähnen, dass Frauen in diesem Beruf keine grosse Ausnahme mehr sind, wie möglicherweise einige denken. Allein schon bei SWISS sind wir mehrere Frauen, die in der Line Maintenance tätig sind oder sich in der Ausbildung zur Flugzeugtechnikerin befinden.

Ines Eckstein leuchtet mit einer Lampe in das Innere eines Flugzeugs.
Von der Kaffeemaschine bis zum Triebwerk: Ines' Arbeit umfasst jeden technischen Defekt, den die Crew während des Fluges notiert. © Markus A. Jegerlehner

Letzte Frage: Was war bis jetzt dein grösstes Highlight in deiner Tätigkeit?
Ganz klar, das war der 28. September 2022. Da konnte ich nach der Wartung meine erste selbständige Freigabe eines Flugzeugs durchführen. Das war damals mit dem HB-JMB, ein Airbus A340. Diesen Moment vergisst man nie. Dahinter steckten hunderte zusätzliche Ausbildungsstunden. Aus diesem Grund wird dieser Tag immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.

Text: Kavin Ampalam

 

Bilder: Markus A. Jegerlehner 

 

Publiziert am: 12.01.2024