Es ist ein sonniger, kalter Nachmittag, als wir die Glattfelder Brauerei Gsellig Bräu im Keller des Restaurants Löwen betreten und von den beiden befreundeten SWISS Kapitäne Andy Umiker und Lukas Meyer sowie von mehreren Familienmitgliedern herzlich begrüsst werden. Der feine Hopfengeruch steigt uns in die Nase, der Brauprozess ist in vollem Gange. Seit Anfang 2023 brauen Andi und sein Team hier im zürcherischen Glattfelden ihr eigenes Bier– die Leidenschaft für die Braukunst ist vom ersten Moment an spürbar.
Das Gsellig-Team besteht nebst Andy und Lukas aus Andys Frau Martina, seiner Tochter, Flight Attendant Laura, den Söhnen Cyril und Tim, dem befreundeten Flight Attendant First Class Marcel Huber, einem Helvetic Captain sowie drei weiteren Investoren. Vor rund 15 Jahren haben die Freunde, die hauptsächlich in der Linienfliegerei tätig sind, gemeinsam als Hobby mit dem Bierbrauen begonnen und sich vor eineinhalb Jahr entschieden, aus dem Hobby eine professionelle Brauerei zu machen. Ihre Leidenschaft und Faszination für das jahrhundertealte Handwerk ist vom ersten Moment an zu spüren. Doch ganz so einfach war die Geburt der «Flieger-Brauerei» nicht.
Denn die Suche nach einem geeigneten Standort gestaltete sich zu Beginn schwierig und blieb lange erfolglos. Dann ging plötzlich alles ganz schnell und im November 2022 wurde das Team durch Zufall auf die zum Verkauf stehende Glattfelder Brauerei aufmerksam. Bereits im Dezember konnten alle Verträge unterzeichnet werden und die Gsellig Bräu AG unter der Leitung von Andy und Martina Umiker, war geboren. Wenige Wochen später wurden bereits die ersten Sude angesetzt und es wurde getüftelt und experimentiert.
In der Glattfelder Brauerei werden nicht nur klassische Biere gebraut, sondern auch Spezialbiere. Einerseits werden die bekannten und beliebten Glattfelder Biersorten Hell, Dunkel und Weizen hergestellt, die vom Vorgänger der Brauerei übernommen wurden. Andererseits legt das Team grossen Wert auf Innovation und hat deshalb in der kurzen Zeit seit dem Start bereits ein American Pilsner, ein Belgian Wit und ein IPA unter dem eigenen Namen «Gsellig Bräu» entwickelt – weitere Sorten sollen folgen. Der Verkauf des Bieres ist gut angelaufen: Das Glattfelder Bier wird bereits in den umliegenden Coop-Filialen, zwei Hotels in der Umgebung und im Rampenverkauf verkauft.
Wie wird ein Pilot eigentlich zum passionierten Bierbrauer? Wir haben dem Inhaber der Brauerei, Andy Umiker, einige Fragen zum Brauen, Fliegen und zu seiner Persönlichkeit gestellt:
Was möchtest du mit dem Bierbrauen zur Tradition und Vielfalt in der Schweiz beitragen?
Mir ist es ein Anliegen, einen Beitrag zur Biervielfalt in der Schweiz zu leisten. Meine Ambition ist es, spezielle Biere zu brauen, die es nicht überall gibt. Die letzten drei Sude, die wir gebraut haben, sind Belgium Wit, American Pilsner und das IPA. Das gab es vorher noch nicht in dieser Brauerei und wurde von uns initiiert –mal sehen, wie es ankommt. Wir machen auch ein naturtrübes helles Bier, das ist sehr konventionell, aber die Leute mögen es. Die Vielfalt macht’s.
Welche Erfahrungen als Pilot helfen dir in der Tätigkeit als Bierbrauer?
Als Pilot brauche ich eine Checkliste, das hilft mir auch beim Brauen, systematisch zu arbeiten. Auch der Umgang und das Verständnis für Technik, elektrische Steuerungen usw. helfen mir ebenfalls bei der Arbeit. Ansonsten reizen mich besonders die Gegensätze zwischen dem Fliegen und dem Bierbrauen. In der Brauerei arbeite ich mit den Händen, kreiere etwas und habe am Ende ein Ergebnis. Beim Fliegen steige ich aus, stelle den Crewbag in die Ecke und dann ist meine Arbeit getan.
Was hat dich als Commander dazu bewogen, Bierbrauer zu werden?
Ich fliege nun seit über 30 Jahren und werde bald 56 Jahre alt, – die Pensionierung rückt näher. Ich bin noch zu jung, um zeitnah nichts mehr zu tun. Ich wollte noch etwas Praktisches, Eigenes verwirklichen, bevor ich nur noch Rentner bin und mich um meine Enkel kümmere. Ich hatte schon früher eine Firma und neben dem Fliegen noch einen anderen Job. In den 90er-Jahren arbeitete ich bei der Swissair am Boden, in den 00er-Jahren hatte ich eine Firma, in den 10er-Jahren war ich im Vorstand von Aeropers und jetzt betreibe ich meine eigene Brauerei. Nach tausenden von Flügen brauchte ich eine Abwechslung, ich schätze die Ergänzung, die Abwechslung macht den Unterschied.
Wird euer Bier bald mit SWISS in die weite Welt fliegen?
Ich glaube nicht, dass unser Bier mal in der SWISS ausgeschenkt wird. Denn wir pasteurisieren unser Bier nicht und das ist wohl eine Auflage. Ausserdem könnten wir wohl mit unserer Kleinbrauerei das benötigte Volumen gar nicht stemmen. Aber eine Idee von mir ist, dass wir ein Aviator-Special machen. So ein leichtes PALE ALE, ein Oktoberfest-Bier oder eine andere Limited-Edition, die mit einem Fliegeretikett versehen ist und die wir auch an die Leute in der Fliegerei bringen können.
Text: Mike Beutler
Fotos: Reto Hoffmann
Publikationsdatum: 23.02.2023