Wolken, Wind und Wetter: So macht MeteoSchweiz das Fliegen sicherer

Sicherer Flugverkehr hängt nicht nur von der Technik ab – auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle. Bei MeteoSchweiz am Flughafen Zürich behalten Wetterbeobachterinnen und Prognostiker das Wetter im Blick und unterstützen SWISS dabei, dass ihre Passagiere sicher am Ziel eintreffen. 

Es ist ein einzelnes Haus, etwas abseits der Start- und Landebahnen des Flughafen Zürich. Der Zweck des weissen Gebäudes mit den grossen Fenstern ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Hier tritt eine Frau bei garstigem Wetter um 15.10 Uhr auf die Terrasse. Sie ist konzentriert, schaut in verschiedene Himmelsrichtungen, fast als würde sie etwas suchen. Nach wenigen Minuten ist ihre Arbeit hier draussen erledigt. Sie verlässt in ihrer gelben, reflektierenden Jacke die Terrasse, steigt die Stufen im Haus hinab und setzt sich an ihren Arbeitsplatz. Dort trägt sie Daten ein, die für den Flugverkehr auf der Welt von höchster Wichtigkeit sind. 

Die Frau ist Eliane Thürig, sie ist Wetterbeobachterin für MeteoSchweiz. Zusammen mit ihren Kolleg:innen beobachtet Thürig das Wetter und hilft Pilot:innen, sich optimal auf ihren Abflug oder Landeanflug vorzubereiten. Dieser Gang auf die Terrasse wiederholt sich heute noch viele Male. Das nächste Mal um 15.40 Uhr. 

Die Arbeit, die MeteoSchweiz unter anderem am Flughafen in Zürich leistet, ist komplex und vielseitig, wie das Wetter selbst. Ihre Aufgabe: den sicheren Flugverkehr mit präzisen Wetterbeobachtungen und -prognosen zu unterstützen. 

Meteorologe Markus Kägi auf der Terrasse der Wetterbeobachtungsstation
Meteorologe Markus Kägi auf der Terrasse der Wetterbeobachtungsstation

Markus Kägi, studierter Meteorologe, arbeitet seit über zehn Jahren bei MeteoSchweiz. Er führt uns während eines Nachmittags an verschiedene Stationen, die für die Wetterbeobachtung und Prognostik relevant sind und gibt eine Übersicht über die diversen Messungen und Beobachtungen, die am Zürcher Flughafen tagtäglich geschehen. Kägi ist dafür der perfekte Kandidat. Der 40-Jährige arbeitet nicht nur als Prognostiker, sondern auch als Wetterbeobachter. 

 

Hinter den Kulissen bei einem Flug nach Miami

Um die Arbeit von MeteoSchweiz fassbarer zu machen, stellen wir sie am fiktiven Beispiel der Familie Koller vor. Die fünfköpfige Familie hat Ferien gebucht, auf die sie sich seit Monaten freut. In etwas mehr als 24 Stunden soll es mit einem SWISS Flug nach Miami gehen. Während Kollers noch mit dem Koffer packen beschäftigt sind, laufen die Vorbereitungen im Operation Center für den Flug auf Hochbetrieb. 

Ein Flugdispatcher der SWISS holt alle nötigen Informationen vor dem Flug ein. Besonders wichtig dafür sind auch Wetterdaten. Um die höchste Sicherheit gewährleisten zu können, wird hier sowohl auf Wettervorhersagen als auch auf Wettermessungen zugegriffen. 

Zum einen sammelt der Dispatcher die sogenannten TAF’s (Terminal Aerodome Forecast). «Dabei handelt es sich um eine Wettervorhersage für die nächsten 9 bis 30 Stunden», erklärt Markus Kägi.

Die Wetterbeobachtungsstation am Flughafen Zürich.
Die Wetterbeobachtungsstation am Flughafen Zürich.

Die Vorhersagen aus dem TAF werden nur in der Aviatik verwendet und von Prognostiker:innen weltweit für ihre jeweiligen Länder erstellt. Für einen Flug wie den von Familie Koller werden also nicht nur Wettervorhersagen von Zürich eingeholt, sondern auch für das Ziel Miami und andere Flughäfen, die als Ausweichziele dienen könnten. «Bereits vor einem Flug wird eruiert, wie das Wetter an den Flughäfen ist, an denen beispielsweise eine Notlandung möglich wäre.» Diese Wettervorhersagen seien entscheidend für die Sicherheit des Fluges, sagt Kägi.

So ein TAF könnte also auch dafür sorgen, dass die Familie Koller den Flug zur geplanten Zeit nicht antreten kann – zu ihrer eigenen Sicherheit. «Das ist etwa der Fall, wenn es in den USA einen Hurricane gibt», so Kägi. Dann kann ein Flug verschoben werden. Dabei verlassen sich die Prognostiker:innen in der Regel auf die Prognose der jeweiligen Länder. Es kann aber vorkommen, dass ein TAF eines zentralafrikanischen Flughafens fehlt, welcher als alternativer Landeplatz für einen SWISS-Flug mit Ziel Südafrika dient.  «Es kann nötig sein, dass die Wetterprognose aus Zürich bestimmt werden muss. Das ist zwar herausfordernd, aber trotzdem möglich», erklärt Kägi. 

 

Vom TAF zum METAR: Alle paar Minuten wird das Wetter gemessen

Allein auf den TAF verlassen wollen sich weder die Fluggesellschaft noch MeteoSchweiz. Während der TAF eine detaillierte Prognose liefert, gibt der METAR (Meteorological Aerodrome Report) einen genauen Bericht über die aktuelle Wetterlage ab. «Wir haben ein automatisiertes Messnetz, dass ständig Daten misst und sendet», sagt Markus Kägi. Diese Erhebungen werden von Messgeräten vorgenommen, die sich unweit des Gebäudes der Wetterbeobachter:innen befinden. Die Geräte ragen wie kunstvolle Figuren in verschiedenen Formen in den Himmel.

 «Das System hat seinen Ursprung in den 70er-Jahren und wurde seither kontinuierlich erweitert und verbessert. Es misst unter anderem die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, Windstärke und Druck.»

Das Messnetz am Flughafen Zürich.
Das Messnetz am Flughafen Zürich.

An dieser Stelle kommt nun die Wetterbeobachterin vom Anfang unserer Geschichte ins Spiel. «Die Beobachtungen der Wetterbeobachterin ergänzen die automatisierten Messungen des METAR-Systems», sagt Kägi. Erhoben werden die METAR im Halbstundentakt. Verpackt werden die Informationen in einen einzeiligen Code aus Buchstaben und Zahlen. Piloten und Pilotinnen lernen in der Ausbildung, wie man einen METAR oder TAF richtig liest und interpretiert.

Werden gewisse Schwellenwerte im METAR über- oder unterschritten, wird das auch angegeben. «Zum Beispiel wenn ein Gewitter über den Flughafen zieht und sich die Sicht stark verschlechtert». Dann könne es sein, dass die Pilot:innen die Landebahn zu spät sehen und durchstarten müssen.

 

Ein Gewitter kann den Ferienstart verschieben

Familie Koller hat in der Zwischenzeit ihre Koffer gepackt und ist mit einem Zeitpuffer auf dem Weg zum Flughafen. Für ihre Reise nach Miami sieht alles gut aus, wäre da nicht ein Gewitter, dass zur Ankunftszeit direkt über dem Flughafen am Zielort sein könnte.

«Die Dispatcher sammeln alle Daten, Vorhersagen und Messungen im Voraus und schicken sie zusammen mit weiteren Informationen wie Flugzeugdetails und Notfallplänen an die Pilot:innen, sagt Kägi.

Ein Blick in das Innere der Wetterbeobachtungsstation.
Ein Blick in das Innere der Wetterbeobachtungsstation.

Immer wieder komme es vor, dass Pilot:innen auf der Suche nach zusätzlichen Informationen sind, bevor der Flug startet. Dann statten sie dem Büro von MeteoSchweiz im Operation Center einen Besuch ab.

Hier können sich die Fliegenden Wetterentwicklungen auf grossen Bildschirmen anschauen und erhalten, wenn nötig, zusätzliche Informationen von den Fachpersonen bei MeteoSchweiz. «Nachfragen gibt es häufig bei Gewittern und Tropenstürmen», sagt der 40-Jährige.

MeteoSchweiz veranstaltet deswegen auch täglich Briefings mit den Flugdispatchern, in denen sie über Wettersituationen informieren und wichtige zusätzliche Informationen geben. Die Daten gehen nicht nur an Fluggesellschaften: «Auch die Fachpersonen von Skyguide fordern permanent Daten, wie etwa zum Wind, an.» 

 

Aktuelle Daten auch während des Flugs

Auch die Pilotin, die das Flugzeug mit Kollers nach Miami fliegt, stattet dem Büro vor dem Flug einen Besuch ab. Den letzten METAR erhalten die Pilot:innen wenn alle eingestiegen sind und bevor das Flugzeug zur Startbahn geht.  «Nachfragen können aber auch dann noch kommen, wenn das Flugzeug bereits in der Luft ist», sagt Kägi.

Familie Koller ist mittlerweile schon über dem Atlantik. Die Pilotin empfängt auch während der Flugreise aktuelle METAR und kann die Situation in Miami deshalb besser einschätzen. Das Gewitter ist an der Stadt vorbeigezogen, einer sicheren Landung und schönen Ferien steht nichts mehr im Weg.

Während Familie Koller Miami erkundet, beobachten die Fachpersonen von SWISS und MeteoSchweiz ständig das Wetter, um eine sichere Heimreise vorzubereiten.