Fabric Downcycling: Alte Sitzbezüge neu gedacht

Jährlich erreichen unzählige Economy Class Sitzbezüge der Lufthansa Group das Ende ihres Lebenszyklus. Um die dabei entstehende Abfallmenge zu verringern, hat ein engagiertes Team bestehend aus Mitarbeitenden von SWISS und der Lufthansa Group eine kreative und nachhaltige Lösung entwickelt: Die alten Bezüge werden zu Dämmmaterial downcycelt. 

Jedes Jahr sortiert die Lufthansa Group Economy-Class-Sitzbezüge aus Stoff aus, weil diese zu schmutzig oder abgenutzt sind. Würde man die ausrangierten Bezüge ausbreiten, entspräche das einer Fläche von etwa drei Fussballfeldern. Obwohl die Bezüge mehrfach gewaschen und wiederverwendet werden, ist ihre Lebensdauer nach rund fünf Waschgängen und zwei Jahren erschöpft. Dieses Problem fordert eine nachhaltige Lösung.

Das Projekt «CirculAir»

Um Herausforderungen wie diese zu bewältigen, bietet ein internes Talentprogramm der Lufthansa Group (LHG) internationalen Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich neben ihrem regulären Job unter anderem mit Nachhaltigkeitsthemen zu beschäftigen und in Projektteams Lösungen zu entwickeln. 

In verschiedenen «Explorers»-Teams haben die engagierten Teilnehmenden über ein Jahr an Projekten gearbeitet, die von einer hochrangigen Jury, darunter Mitglieder der Geschäftsleitung, bewertet wurden. Einige der vielversprechenden Ideen erhielten daraufhin die nötige finanzielle Unterstützung für ihre Umsetzung. Ein solches Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, unter dem Projektnamen «CirculAir» alten Stoffsitzbezügen ein neues Leben zu schenken und somit die beachtliche Abfallmenge zu reduzieren.

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Alte Abdeckungen werden durch Downcycling in Füllmaterial umgewandelt.

Die Idee

Das fünfköpfige Team, bestehend aus drei Kolleg:innen von SWISS sowie je einem Kollegen von Austrian Airlines und Lufthansa Technik. Sie verfolgen ein klares Ziel: Das hochwertige und strapazierfähige Sitzbezugsmaterial in einem nachhaltigen Kreislaufprozess zu recyceln und wiederzuverwerten, um es erneut nutzbar zu machen. Die Vision ist es, ein geschlossenes Kreislaufsystem für ein nachhaltigeres Kabinenkonzept in der Luftfahrt zu etablieren. In diesem System könnten ausgediente Sitzbezüge zu einzelnen Fasern recycelt und anschliessend zu neuen Sitzbezügen verarbeitet und wieder an Bord eingesetzt werden.

Das Team hinter der Idee.
Das Team hinter der Idee.

Da die Umsetzung komplex ist und das Team erste Ergebnisse erzielen möchte, wurde zunächst eine pragmatische Lösung gefunden: Das schweizerische Unternehmen Texaid wird in der nächsten Zeit als Partner die Sitzbezüge von SWISS und Edelweiss downcyclen und zu Dämmmaterial für die Gebäudeisolierung umwandeln. Texaid ist eine der grössten Organisationen in Europa für das Sammeln, Sortieren und Verwerten von gebrauchten Textilien.

Wenn ein Sitzbezug ausgedient hat, findet er ein zweites Leben als Füllstoff. Langfristig sollte der Bezug aber recycelt werden und wieder abheben.

Beim Recycling werden die ursprünglichen Fasern, wie etwa Baumwolle, zurückgewonnen und für neue Produkte verwendet. Beim Downcycling hingegen wird das Material für neue Produkte im zweiten Gebrauch umgewandelt, in diesem Fall zu Reinigungstüchern oder Dämmmaterial.

Herausforderungen des Downcyclings

Die grösste Hürde bei der Herstellung neuer Sitzbezüge aus recyceltem Material liegt in der Wiederverwertbarkeit der Fasern und den strengen Zertifizierungsrichtlinien für den neuen Stoff. Zusätzlich erschweren die in der Luftfahrt übliche feuerhemmende Behandlung sowie die Gewebemischung aus Wolle und Nylon die Recyclingbemühungen. Aus diesem Grund arbeitet das Team eng mit Textilherstellern und spezialisierten Laboren für Kreislaufwirtschaft zusammen, um die Fasern bis ins kleinste Detail zu analysieren und verschiedene Lösungsansätze zu entwickeln.

„Wir rechnen damit, dass allein bei SWISS und Edelweiss jährlich rund 1,4 Tonnen Abfall vermieden werden.

GreenExplorers

Ein Ausfaserungstest, der erste Schritt eines mechanischen Recyclingprozesses, bei dem das Material in feinste Fasern ausgefranst wird, hat gezeigt, dass das Sitzbezugmaterial für das Ausfransen und anschliessende Verspinnen zu Dämmmaterial geeignet ist. Diese gewonnenen Erkenntnisse könnten zukünftig auch auf andere textile Kabinenelemente wie Vorhänge, Teppiche und Sicherheitsgurte angewendet werden.

Der erste Meilenstein

Seit diesem Sommer 2024 ist der Downcycling-Prozess fest in die regulären Arbeitsabläufe von SWISS Technics integriert. Allein bei SWISS und Edelweiss sollen dadurch etwa 1,4 Tonnen Abfall vermieden werden können. Im nächsten Schritt wird untersucht, wie die bei SWISS gewonnenen Erkenntnisse auf die anderen Airlines der Lufthansa Group übertragen werden können, um eine noch breitere Wirkung zu erzielen.

Bereits implementierte Prozesse für andere Textilien

Der Gedanke des Recyclings und Downcyclings wurde bereits im vergangenen Jahr auf andere Textilien angewandt. Kaputte, nicht wiederverwendbare Textilien wie Decken, Pyjamas, Kissenbezüge, Servietten, Tischdecken und Kopfstützenbezüge werden am Ende ihres Lebenszyklus von unserem Caterer Gate Gourmet in Zürich gesammelt und regelmässig an Texaid übergeben. Dort werden die Stoffe sortiert, um zu entscheiden, ob sie recycelt oder downcycelt werden können.