Bristol: Vom Konzept zum Erstflug - "Den Überblick zu behalten ist anspruchsvoll"

SWISS fliegt seit Kurzem nach Bristol. Die Netzwerkplanerin Katrin Gutzwiller erklärt im Gespräch mit dem SWISS Magazine, welche Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, damit die grösste Fluggesellschaft der Schweiz eine neue Destination anfliegen kann. 

Netzwerkplanerin Katrin im Interview

Katrin, du arbeitest bei SWISS in der Netzwerk Planung. Seit Anfang Februar fliegen wir nach Bristol, ist das eigentlich deine Lieblingsstadt oder warum fliegen wir neu dorthin?
Nein, in der Netzwerk Planung suchen wir neue Destinationen nicht nach unseren persönlichen Präferenzen aus. Vielmehr schauen wir, was am besten in das SWISS Portfolio passt und strategisch wie auch kommerziell sinnvoll ist. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir unser Streckennetz durch sogenannte Sekundärmärkte erweitert, in der Vergangenheit waren dies Destinationen wie beispielsweise Tallinn, Billund, Bologna, Nantes, Sofia und Vilnius. Jetzt ist Bristol hinzugekommen.

Im Winter fliegen wir vorerst einmal wöchentlich nach Bristol, hier bieten wir eine attraktive Verbindung für britische Wintersporttouristen an, die sehr gerne die Schweiz besuchen. Ab dem Sommerflugplan Ende März werden wir die Frequenzen auf bis zu drei wöchentliche Flüge erhöhen. Der Südwesten Englands ist eine beliebte Ferienregion, zudem gibt es viele Expats in der Schweiz, die ihre Freunde und Verwandten besuchen möchten. Auch Geschäftsreisende erhalten mit dem neuen Flug eine interessante Direktverbindung. Und Kund:innen können ab Bristol viele attraktive Destinationen in Europa und Übersee mit kurzen Umsteigezeiten in Zürich erreichen.

"Wir wählen neue Destinationen nicht nach persönlichen Vorlieben aus, sondern schauen, was in das SWISS Portfolio passt."

Katrin Gutzwiller
Netzwerk Planung bei SWISS

Welche Faktoren werden berücksichtigt und müssen stimmen, damit eine neue Destination ins SWISS Streckennetz aufgenommen wird?
Bevor wir eine neue Destination in unser Streckennetz aufnehmen, müssen viele Abklärungen getroffen werden. Zunächst erstellen wir eine intensive Marktanalyse, schauen uns hierbei die Marktentwicklung und die Passagierströme inklusive Umsteigeverkehr an und rechnen dann den Business Case.

Des Weiteren müssen operationelle Abklärungen gemacht werden: Mit welchem Flugzeugtyp kann die Destination angeflogen werden, benötigen unsere Pilot:innen ein spezielles Training, was sind sonstige Besonderheiten der neuen Destination? Zudem muss sich der geplante Flug auch gut in unser bestehendes Flugprogramm einfügen können. Nicht zuletzt benötigen wir auch die Slots zu den geplanten Flugzeiten.

Ein Flughafen wird sicher immer sagen, dass es sich lohnt, ihn anzufliegen. Wie könnt ihr unabhängig beurteilen, ob das auch wirklich der Fall ist?
Korrekt, Flughäfen sind natürlich oftmals sehr daran interessiert, neue Airlines in ihr Portfolio aufzunehmen. Wir haben jedoch verlässliche Methoden, um zu bewerten, ob sich eine neue Destination für SWISS auch rechnet. Für jede neue Strecke erstellen wir einen Business Case.

Zudem arbeiten wir eng mit anderen Abteilungen im Unternehmen zusammen, so verfügen beispielsweise unsere Kolleg:innen im Revenue Management und in der Sales Abteilung über spezifisches Preis- und Markt-Know-how, was sehr wertvoll ist. Ausserdem profitieren wir davon, Teil der Lufthansa Gruppe zu sein, hier findet ein sehr transparenter Austausch statt.

"Flughäfen sind oftmals sehr daran interessiert, neue Airlines in ihr Portfolio aufzunehmen."

Wie lange dauert der ganze Prozess von der Idee bis zum Erstflug?
Das kann ich nicht pauschal beantworten, in der Regel dauert es einige Monate, bis alle Abklärungen getroffen sind. Zudem dürfen Verkaufsstart und Erstflug nicht zu nahe beieinanderliegen, schliesslich müssen wir ja erst Tickets verkaufen, bevor wir die Flüge aufnehmen.

Bristol ist ein Kurzstreckenflug, also ein Flug innerhalb Europas. Wie ändert sich der gesamte Prozess bei einem potenziellen neuen Langstreckenziel?
Der Prozess ist ähnlich, das kommerzielle Risiko ist jedoch um einiges höher. Wir sind für unsere Interkontinentalflüge auf Zubringerverkehr innerhalb Europas angewiesen, diese Anbindungen müssen sichergestellt werden. Zudem ist die Aufnahme einer Langstreckenverbindung sehr ressourcenintensiv, daher müssen die benötigten Kapazitäten langfristig aufgebaut werden sowie Abklärungen zu den Verkehrsrechten getätigt werden. Die Planung wird auch eng mit der Lufthansa Gruppe abgestimmt, um Abhängigkeiten zwischen den beteiligten Airlines und Drehkreuzen zu identifizieren.

Kann man nach Aufnahme der Flüge rasch abschätzen, ob sich eine Destination lohnt?
Das kommt sehr auf die Destination an. Manche Märkte brauchen länger als andere. Wir beobachten jede Strecke sehr genau. Allenfalls müssen für die nächste Flugplanperiode die Flugzeiten angepasst werden oder die Anzahl wöchentlicher Flüge erhöht oder gesenkt werden.

Was sind die grössten Herausforderungen in deinem Job?
Es ist ein sehr spannender und abwechslungsreicher Job! Man arbeitet immer an mehreren Flugplanperioden gleichzeitig und befindet sich je nach Flugplan-Saison in unterschiedlichen Planungsstadien. Hier den Überblick zu behalten, ist anspruchsvoll. Zudem müssen die Strecken ständig auf ihre Performance hin überwacht werden. Läuft eine Destination nicht wie erwartet, müssen die Ursachen gesucht und allfällige Anpassungen in die Wege geleitet werden.

Wichtig ist, dass unsere Abteilung immer in enger Abstimmung mit anderen Unternehmensbereichen wie der Crewplanung und Technik steht. Denn ein Premium Produkt anzubieten heisst auch einen stabilen, verlässlichen Flugplan sicherzustellen. Zudem muss ich mich stets über die neuesten Trends in der Branche auf dem Laufenden halten und wissen, was unsere Wettbewerber machen.

Katrin and Francesco at SWISS headquarter looking in a computer
Als Netzwerkplaner:in ist man im ständigen Austausch mit verschiedenen Schnittstellen. Hier mit Teamkollege Francesco

Was sollte man mitbringen, um in der Netzwerkplanung arbeiten zu können?
Von Vorteil hat man in einem kommerziellen Bereich, vorzugsweise bei einer Airline, bereits praktische Erfahrung gesammelt – dies ist jedoch nicht zwingend. Darüber hinaus sollte man die Leidenschaft für die Luftfahrtbranche mitbringen, gute analytische Fähigkeiten und ein hohes Mass an Organisations- und Kommunikationsgeschick besitzen, da man in ständigem Austausch mit zahlreichen internen und externen Schnittstellen steht.

Welche Destination würdest du gerne noch als zukünftiges SWISS Ziel sehen?
Als Netzwerkplanerin ist die Liste meiner Wunschdestinationen natürlich lang. Persönlich würde ich gerne eine neue Destination in den nordischen Ländern im SWISS Streckennetz sehen, da ich ein grosser Fan dieser Region bin.

Vielen Dank Katrin, für diese wertvollen Einblicke in die Welt der Netzwerkplanung bei SWISS.