#1 Miradi, Gstaad BE
Im Saanenland kommt man dem «Heile-Welt-Gefühl» näher als an irgendeinem anderen Ort der Welt, wo es Berge gibt. Das hat zum einen mit der anmutigen Landschaft zu tun. Zum anderen wird streng darauf geachtet, dass alle Gebäude im Chaletstil erbaut sind. So fügt sich auch das schmucke, im Frühjahr 2024 eröffnete Boutiquehotel The Mansard an der Gstaader Promenade nahtlos in die Idylle ein. Das alpine Ambiente setzt sich im Inneren fort, wo Unmengen von sonnenverbranntem, von der Natur gezeichnetem Altholz verarbeitet wurden. Im Mittelpunkt des 29-Zimmer-Hauses steht das Restaurant Miradi im Erdgeschoss.
Das Restaurant hat auf Anhieb die Herzen der einheimischen und internationalen Gäste erobert, die ein entspanntes, aber authentisches Ambiente schätzen.
Martin Bieri, der Gastgeber und Küchenchef, ist ein waschechter Berner Oberländer und hat jene Klasse, die kein Blendwerk nötig hat. Geboten wird eine Brasserie-Küche aus meist regionalen Produkten, so etwa der Caesar-Salat mit Pouletbruststreifen, das Rindsentrecôte «Café de Paris» oder das Knusperli vom Eglifilet mit scharfem Kabissalat, gelegentlich auch mit asiatischem Touch wie das Tuna Carpaccio mit Radieschen und Mango. An warmen Tagen lockt die Sky Bar auf dem Dach. Hier geniesst man bei einem Cocktail oder Snack den Rundumblick über das kleine Dorf von Welt.
#2 Marguita, Zürich ZH
Im denkmalgeschützten Gartenpavillon des Zürcher Traditionshotels Baur au Lac, dort wo jahrzehntelang französische Haute Cuisine in piekfeiner Atmosphäre zelebriert wurde, hat im Sommer 2024 das «Marguita» Einzug gehalten. Das neue Restaurant spiegelt den globalen Trend wider, dass insbesondere Gäste der Generationen X und Y eine entspanntere, zugänglichere Gastronomie wünschen. «Auch Leute, die alles haben, freuen sich heute am Einfachen, wenn es von hoher Qualität ist», sagt Restaurantleiter Aurélien Blanc.
Das Dekor des «Marguita» präsentiert sich nun im farbenfrohen Eklektizismus des Designers Martin Brudnizki, der vor ein paar Jahren bereits die Brasserie «Baur’s» im selben Hotel gestaltet hat. Die Stimmung ist heiter und die Küche so mediterran leicht wie der Wolfsbarsch in Salzkruste mit Zitronenrisotto und Spinat oder so schnörkellos aromatisch wie die Linguine Vongole mit Peperoncini. Auch der verblüffend zubereitete Tomaten-Mozzarella-Salat (aus fünf verschiedenen Tomatensorten) oder das Vitello Tonnato mit Tuna-Tataki und Gremolata kommt sehr gut an. Küchenchef Maximilian Müller gelingt hier das «Casual Fine Dining», von dem viele Köche reden, aber Schwierigkeiten haben, es wirklich hinzubekommen, geradezu zukunftsweisend.
#3 The Dining Room, Cham ZG
Zunächst glaubt man, sich in der Adresse geirrt zu haben. Ein nüchternes Ausstellungsgebäude für moderne Kaminöfen inmitten eines Gewerbeparks. Und hier soll sich der aktuelle Flüstertipp der Innerschweizer Gern-Esser befinden, der auf der Webseite des Lokals als «Wohnzimmer» bezeichnet wird? Keine Sorge: Hinauf ins zweite Stockwerk und durch einen Vorhang hinein in den loftartigen, zeitgemäss wohnlichen «Dining Room», wo Gastgeberin Johanna Hagen auch Neulinge so herzlich begrüsst, als würde sie alte Freunde endlich wieder treffen. Das kulinarische Konzept mit einem regelmässig wechselnden Fünf-Gang-Menü (195 Franken inkl. Champagner-Apéro und Mineralwasser) lässt sich auf einen Nenner bringen: Essen wie zu Hause, aber zubereitet vom Profi. Ob Christopher Knippschild mit Jakobsmuscheln, Kalbsschulter, Steinbutt oder Blumenkohl hantiert – was der junge Küchenchef auf die Teller zaubert, ist stets ausgezeichnet und macht Lust zum Wiederkommen. Wer ihm bei der Arbeit zuschauen möchte, bucht den «Chef’s Table» direkt am offenen Küchentresen.
#4 Brasserie Süd, Zürich ZH
Täglich passieren rund 500.000 Menschen den Hauptbahnhof Zürich, den grössten und am stärksten frequentierten Bahnhof der Schweiz. 5000 Menschen arbeiten hier unermüdlich in verschiedenen Bereichen. Ein tadellos funktionierendes Reich aus Gleisen und Gängen, Geschäften und Beizen – fast schon eine Destination für sich, jedenfalls ein stimmiges Ganzes, das sich für den Weg der Höherprädikatisierung entschieden hat – im Bestreben, die Verweil- und Aufenthaltsdauer zu erhöhen und zu einer Visitenkarte der Stadt zu werden. Ein Aushängeschild im neu sanierten Südtrakt ist die täglich von 8 Uhr morgens bis spätabends geöffnete Brasserie Süd. Der riesige, fast schon sakral anmutende Speisesaal, verströmt historische Grandezza mit modernem Twist. Hier war einst die Schalterhalle untergebracht. Aus fast sieben Meter hohen Bogenfenstern blickt man auf den Eingang zur Bahnhofstrasse. Die Karte bietet jedem Gast etwas. Ob Tatar vom Rind, Ricotta-Ravioli mit Blattspinat oder gebratenes Doradenfilet mit konfierten Tomaten. Auch ein leckeres Birchermüesli zum Frühstück ist zu haben. Geführt wird die Brasserie vom Gastro-Tandem Nenad Mlinarevic und Valentin Diem. Die beiden betreiben weitere angesagte Zürcher Lokale – auch das kleine, vom Herdvirtuosen Mitja Birlo bekochte Spitzenrestaurant «The Counter» direkt neben der Brasserie.
#5 CAAA, Luzern LU
Die direkte Nachbarschaft zur Impulse Gallery, einer trendbewussten Ausstellungsplattform für zeitgenössische Kunst, zentral an der Haldenstrasse hinter dem Grand Hotel National gelegen, passt bestens. Das Restaurant CAAA ist als skulpturaler Erlebnisraum konzipiert, der Gastronomie und Design miteinander verbindet. Hinter dem kleinen Kunststück für rund 20 Gäste stehen Küchenchef Pietro Catalano, dessen Frau Elena (die «kreative Seele» am Herd) und Schwester Stefania, die sich um den Service und die Weine kümmert.
Gekocht wird modern und kreativ – und vor lauter kulinarischem Storytelling gelegentlich auch mal übers Ziel hinaus. Das macht aber nichts, weil alles liebevoll daherkommt. Die abendlichen 3- bis 7-Gänge-Menüs, wahlweise in vegetarischer Variante, orientieren sich am Credo «transalpines Fine Dining» und befassen sich stark mit heimischen Ressourcen, etwa dem grossartigen Rindfleisch vom tiergerecht betriebenen Bauernhof «Frisch vo de Tanne» im Luzerner Hinterland. Wenn es auf den Tellern nichts mehr zu schauen gibt, dann an der aussergewöhnlich strukturierten Decke: Diese wurde aus recycelten Materialien in 3D-Drucktechnologie realisiert.
#6 Ristorante Al Fiume, Gerzensee BE
Aus dem ehemaligen Restaurant Thalgut, solitär am Ufer der Aare zwischen Bern und Thun gelegen, ist nach einem kompletten Umbau im Frühjahr 2024 das Ristorante Al Fiume entstanden. Das exquisit bescheidene, innen wie aussen ansprechend möblierte Lokal hat rasch die verdiente Anerkennung in der Region erhalten und spricht auch dank dem stimmigen Preis-Leistungs-Verhältnis eine breit gefächerte Gästeschaft an. Der aus Sizilien stammende Küchenchef Davide Marino sorgt für italienische Aromen. Er kauft gute und frische Zutaten ein und bereitet sie gekonnt und frei von Schnickschnack zu. Auf der Karte: Tomaten-Bruschette mit Basilikum, Gnocchi mit Pesto alla Genovese, Ossobuco mit sämigem Safranrisotto sowie ein Dutzend Pizza-Variationen.
Zum Dessert dann ein klassisches Tiramisù oder eine Panna Cotta mit Waldbeeren. Das Wasser, das hausgebackene Brot und Oliven-Focaccia holt man sich selbst am Buffet. Alles ist auf unkomplizierte Art stilvoll und gepflegt, und der effiziente Service verliert auch bei Grossandrang die gute Laune nie.
#7 Hatecke du Théâtre, Zürich
Die Engadiner Kultmetzgerei Hatecke, berühmt für ihre hochwertigen Trockenfleisch-Produkte und schön gereiftes Fleisch, ist seit einigen Jahren mit einem Standort beim Zürcher Löwenplatz vertreten. Es ist keine Metzgerei im üblichen Sinne, eher eine Fleischboutique mit elegantem Schau-Comptoir und angeschlossenem Bistro. Zu den Spezialitäten zählen das handgeschnittene, nach persönlichen Vorlieben des Gastes individuell gewürzte Rindstatar, die klassische Trockenfleischplatte sowie erlesene, nach uralten Handwerksprinzipien verarbeitete Fleischstücke in roher oder grillierter Form. Ausgezeichnete Bündner Weine und zum Dessert vielleicht ein paar Bissen der Engadiner Nusstorte runden das Erlebnis ab.
Eben erst haben Ludwig Hatecke und sein Sohn David ihren zweiten Zürcher Betrieb im früheren Restaurant «Du Théâtre» im Seefeld-Quartier hinter der Oper eröffnet. Die beiden geben alles, damit auch das jüngste Kapitel der Familie ein Erfolg wird und jeder Gast im schönen, hohen Raum von 1890 mit einem herzlichen «Allegra» willkommen geheissen wird.
#8 Orsini, Zürich
Das alte «Orsini» lieferte über Jahrzehnte eine so zuverlässige, im positiven Sinn unspektakuläre Küche ab, dass das italienische Restaurant des «Savoy» durch jeglichen Trendraster fiel. Langweilig war das keinesfalls, weshalb sich das gehobene, aber niemals abgehobene Lokal jahrein, jahraus grosser Beliebtheit erfreute. Seit der Wiedereröffnung des aufwendig umgebauten Hotels, das nun unter chinesisch-britischer Flagge als «Mandarin Oriental Savoy» firmiert, aber der Grossbank UBS gehört, weht ein anderer Wind im rundumerneuerten «Orsini».
Der junge Chefkoch Dario Moresco, der unter der Schirmherrschaft des zweifach besternten Antonio Guida im Mailänder Mandarin Oriental steht, zieht ein italienisches Fine-Dining-Konzept durch. Unbedingt bestellen: den verblüffend schmeckenden Himbeer-Salbei-Risotto sowie den blauen bretonischen Hummer mit Peperoni, Frühlingszwiebeln und schwarzer Knoblauchcreme. Foodies sind begeistert, die Gastrokritiker ebenso. Doch ist die Küche sehr viel kreativer, als sie wahrscheinlich für die meisten Zürcherinnen und Zürchern (geschweige denn vielen Hotelgästen) sein müsste. Zu erreichen ist das «Orsini» wie eh und je über einen separaten Eingang in der Waaggasse am Münsterhof.
#9 Brasserie du Château, Bottmingen BL
Seit Ewigkeiten ist das Weiherschloss Bottmingen ein Ort, wie man ihn für besondere Anlässe auswählt, für die Hochzeit oder einen runden Geburtstag. Und der Rokoko-Salon mit seinen barocken Stuckaturen beherbergt schon lange das Restaurant «Gourmet Louis», das für seine klassische französische Küche in verfeinerter Form bekannt ist. Eine Neuheit im wasserumgebenen Schloss ist die «Brasserie du Château» im Erdgeschoss. Hier geht es legerer zu, aber nicht weniger lecker. Serviert werden authentische Brasserie-Gerichte - im Sommer auf der hübschen Terrasse unter alten Platanen neben dem Schlossweiher. Auf der Karte: Salat mit Ziegenkäse, Moules marinière mit Pommes allumettes oder ein Châteaubriand mit Sauce Béarnaise. Zum süssen Abschluss passt die «Île flottante» (Eiweissschnee auf Vanillesauce) bestens zur Location. Die Preise halten sich im Rahmen, und die Rechnung scheint auch für die Pächter – die Berest-Gruppe – aufzugehen: Das im März 2024 eröffnete Zweitrestaurant hat sich rasch in die Herzen der Basler Bonvivants gespielt. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, fährt mit Tram 10 ab Bahnhof Basel SBB bequem in zwanzig Fahrminuten bis Station Bottmingen Schloss.
#10 Villa am See, Goldach SG
Ein Hauch von Côte d’Azur lag schon früher über der «Villa am See», ist es doch eines der am schönsten gelegenen Restaurants am Schweizer Bodenseeufer, idyllisch in eine Gartenanlage zwischen Rorschach und Arbon eingebettet, gerade noch auf St. Galler Boden und gerade mal hundert Meter von der Thurgauer Kantonsgrenze entfernt. Im Frühjahr 2024 ist die Genuss-Villa mit dem lichtdurchfluteten Glaspavillon vom jungen Pächter und Küchenchef Sandro Lüthi in neuem Glanz wiedereröffnet worden. Ob Aubergine, Rehrücken oder Lachsforelle: Die Küche setzt auf saisonale Frische und serviert Lokales mit internationalem Dreh – und ist trotz gehobenem kulinarischem Anspruch so unverkrampft und erschwinglich, dass es keine Hemmschwellen beim bunt gemischten Publikum gibt. Das unaufdringlich fröhliche Team trägt dazu bei, dass selbst an Regentagen Feriengefühle aufkommen. «Wir nehmen das Leben mit einem Lächeln», sagt Gastgeberin Paulina Soares. «Was nicht schwerfällt, wenn man Gästen mit gutem Essen und gutem Wein so viel Freude machen kann.»
Text: Claus Schweitzer
Publiziert am 22.10.24