Nervosität, Aufregung, Freude - mit gemischten Gefühlen betreten wir den Kursraum des Flugangstseminars im Circle am Flughafen Zürich. Die Erwartungen sind gross: Ist es möglich, nach diesen drei Stunden wirklich ohne Angst zu fliegen? Nach einer kurzen Einführung durch Kursleiter Tom Schneider und einem Kaffee zur Stärkung der Nerven geht es los. Der Pilot und erfahrene Coach geht während des Kurses Schritt für Schritt auf die verschiedenen Aspekte des Fliegens ein: die verschiedenen physikalischen Gesetze, die ein Flugzeug überhaupt in der Luft halten, die heutigen Sicherheitsmargen und die Aus- und Weiterbildungen der Piloten, Turbulenzen, Triebwerksausfälle oder das Aufdecken von Mythen, wie zum Beispiel die Gefahr bei Start und Landung, die sich immer noch in den Köpfen vieler Passagiere festgesetzt haben.

Mit jedem einzelnen Punkt, der geklärt wird, scheint die Angst, die die Teilnehmenden bis zum Tag des Seminars begleitet hat, immer kleiner zu werden. Es gibt viele "Aha-Momente" über die verschiedenen Geräusche und Bewegungen im Flugzeug, und man fragt sich, warum man sich wohl all die Jahre vor etwas gefürchtet hat, das einfach zum Fliegen gehört.

Der Erfolg des Seminars hängt laut Tom aber nicht nur von den Erklärungen des Coaches ab, sondern auch vom Willen der Teilnehmenden, sich auf das Seminar einzulassen und die Flugangst besiegen zu wollen. "Viele, die an Flugangst leiden, identifizieren sich auch über diese Angst. Sich von diesem Teil der Persönlichkeit zu lösen, ist nicht immer leicht. Doch Flugangst ist nichts Angeborenes, sondern etwas Erlerntes. Eine schlechte Erfahrung, wie zum Beispiel ein turbulenter Flug oder Erzählungen aus dem Umfeld, können uns dabei stark beeinflussen. Aber was gelernt ist, kann auch wieder «verlernt» werden. Das Wichtigste ist, den Mut zu haben der Flugangst wirklich den Rücken zuzukehren und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen."

Trotz aller rationalen Erklärungen, die man im Seminar erhält und während des Fluges abrufen kann, kann es vorkommen, dass sich die Flugangst gerade in Stresssituationen doch wieder zu Wort meldet. "Deshalb ist es wichtig, lieber etwas zu früh am Flughafen zu erscheinen und sich vor dem Abflug noch in Ruhe eine Tasse Tee zu gönnen. Sollte die Angst doch unerwartet zurückkommen, helfen Atem- und Entspannungsübungen."

Zwei Wochen nach dem Seminar sitzen meine Mutter und ich tatsächlich im Flugzeug nach Mailand. Und das Fazit? Angstfrei fliegen ist tatsächlich möglich. Für unsere Leser:innen haben wir deshalb fünf Fragen und Antworten aus dem Seminar mitgebracht – damit auch ihr sorgenfrei in die Sommerferien starten könnt.

Wie kann ein Flugzeug überhaupt fliegen?

«In der Strömungslehre verhalten sich Luft und Wasser praktisch gleich. Nehmen wir zur Veranschaulichung an, ein:e Surfer:in werde hinter einem Boot hergezogen. Das Surfbrett verdrängt das Wasser unter sich, und es entsteht ein Auftrieb. Solange das Boot schnell genug fährt, ist es möglich auf dem Wasser zu gleiten, ohne dabei einzusinken. Das Wasser bildet bei dieser Geschwindigkeit einen festen Untergrund für das Brett. Genauso verhält es sich mit der Luft und dem Flügel des Flugzeugs: Dieser drängt bei hoher Geschwindigkeit die Luft nach unten, und ein dynamischer Auftrieb entsteht, der das Flugzeug sicher in der Luft hält.»

 

Sind Turbulenzen gefährlich?

«Nein. Turbulenzen sind weder für das Flugzeug noch für die Passagiere oder die Besatzung gefährlich. Die Cockpit Crew weiss jeweils bereits vor Abflug, wann und wo Turbulenzen während des Flugs auftreten können, und informiert die Cabin Crew rechtzeitig, damit diese während dem Bedienen der Gäste nicht überrascht wird. Wichtig ist hier nur, sich anzuschnallen, wenn die entsprechenden Leuchtzeichen eingeschaltet werden.»

 

Was sind Luftlöcher?

«Luftlöcher existieren nicht. Bei einem Luftloch würde es sich wortwörtlich um ein Vakuum handeln, was in der freien Natur in der Form so nicht möglich ist. Bei "Luftlöchern" handelt es sich ganz einfach um Wellenbewegungen in der Atmosphäre. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Flugzeugs generieren diese ein Gefühl des Fallens.»

 

Was passiert bei einem Triebwerkausfall?

«Heutzutage kommt es äusserst selten vor, dass ein Triebwerk ausfällt oder aufgrund technischer Probleme vom Piloten selbst ausgeschalten werden muss. Doch auch wenn eines der Triebwerke ausfallen würde, so ist es problemlos möglich, mit dem verbleibenden Triebwerk den nächstgelegenen Flughafen anzufliegen und da sicher zu landen.»

 

Sind Start und Landung wirklich gefährlich?

«Dass Start und Landung gefährlich sind, ist ein Ammenmärchen, das noch aus der Zeit unserer Eltern stammt, als man in der Fliegerei noch nicht so viele Sicherheitsmargen und Mehrfachabsicherungen eingebaut hatte wie heute. Damals konnte ein einziger Fehler tatsächlich zu einem Unfall führen, was heute nicht mehr der Fall ist. Start und Landung sind daher genauso sicher, wie der gesamte restliche Flug. Von daher: zurücklehnen und den Flug geniessen.»