Les Puces de Paris Saint-Ouen gilt als der älteste und grösste Flohmarkt der Welt. Er entstand im Jahre 1870, als die Pariser Lumpensammler – Personen, die alte Materialen zur Wiederverwertung sammelten - aus hygienischen Gründen aus der Hauptstadt verbannt wurden und sich am Rande des damals entstehenden Dorfes Saint-Ouen niederliessen. Die Legende besagt, dass auch der Begriff „Flohmarkt“ aus Paris stammt, weil zusammen mit den gebrauchten und wohl meist ungewaschenen Textilien auch der eine oder andere Floh („puce“) den Besitzer wechselte.
Tempi passati. Nachdem der Flohmarkt Anfang des Jahrtausends in einer tiefen Krise steckte, mit leeren Ständen und einem schlechten Ruf zu kämpfen hatte, ist er heute angesagter denn je. Das mag an einer neuen Generation von Händlern liegen, die offen und freundlich auf ihre Kundschaft zugeht. Oder am aufgefrischten Verkaufsangebot, das mit toller Vintage-Mode, edlem Midcentury-Mobiliar, Kunst, Tafelsilber, antikem Schmuck oder perfekt funktionierenden alten Kameras punktet.
„Wir haben ein Empfangszentrum eingerichtet, dafür gesorgt, dass Taxis für Besucher bereitstehen und sogar professionelle Shoppingbegleiter gefunden, die für eine Tour gebucht werden können“ erklärt Stéphanie Duplaix, Leiterin des Marché Paul Bert-Serpette, des glamourösesten der insgesamt zwölf Märkte von Saint-Ouen.
Nach und nach wurden viele der weit über tausend Verkaufsstände auf dem sieben Hektar grossen Marktgelände renoviert - standen früher viele leer, wird die Warteliste für einen Stand immer länger.
Zwischen und um die Stände locken Bars, Cafés und Bistros. Manche gibt es schon seit Jahrzehnten, andere sind neu, wieder andere glänzen im coolen Industrielook. Pariser BoBos, Touristen, lokale Händler sowie Sammler und Instagrammer aus aller Welt sitzen hier Tisch an Tisch - wenn sie das Glück haben, einen zu finden. Denn mit rund fünf Millionen Besuchern pro Jahr und bis zu 150.000 Menschen an manchen Wochenenden gilt der Flohmarkt von Saint-Ouen als eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Frankreichs.
Shoppen
Voyages
Elisio Das-Neves hat eine Sammlung antiker Louis-Vuitton-Reisetruhen, Goyard-Reisetaschen, amerikanischer Schrankkoffer und anderer Dinge, die das Sammlerherz höherschlagen lassen. Ins Handgepäck passen alte Uhren, Modeschmuck und Seidentücher von Hermès. Marché Serpette, Allée 3, 110 Rue des Rosiers, Tel. +33 6 07 49 68 10, des-voyages.fr
Chez Sarah
Es würde Tage dauern, das Angebot an Schuhen, Hüten, Taschen und Textilien zu durchstöbern, das in diesem 70 Meter langen Verkaufsschlauch liegt und hängt. Sarah Rozenbaum führt das Geschäft, das sich auf Mode des 19. und 20. Jahrhunderts spezialisiert hat, bereits in der dritten Generation, die vierte steht auch schon in den Startlöchern. Le Passage, 18 Rue Jules Vallés, Tel. +33 6 08 01 80 89, chezsarah.net
Maison Jeaune
In ihrem zauberhaften dreistöckigen Stand verkaufen Elodie und Julien Regniers einen mutigen Mix aus Lampen aus den 60er-Jahren, kühlem Mobiliar aus Dänemark und eigenen Kreationen. Marché Paul Bert, Allée 3, 96 Rue des Rosiers, Tel. +33 6 07 09 71 42, maisonjaunedesign.com
Art de la Table
Jérôme Chedmail arbeitete bei einem grossen Silberwarenhändler, bevor er sich 2001 mit einem Stand auf dem Flohmarkt selbstständig machte. In seinen Vitrinen findet man Tafelsilber aus dem 19. und 20. Jahrhundert im Empire-, Napoleon III.- und Art Deco-Stil, darunter viele Stücke von Christofle. Marché Serpette, Allée 3, 110 Rue des Rosiers, Tel. +33 6 63 74 83 30
Sylvie Corbellin
Die Schmuckdesignerin ist eine Ausnahme unter den Puciers, denn sie verkauft selbst entworfene Juwelen. Ihre poetischen, barocken und immer etwas rätselhaften Stücke bestehen aus unregelmäßigen Edelsteinen, die aus alten Minen stammen und wie zu Zeiten Baudelaires aussehen. Marché Paul Bert, Allée 7, Eingangsbereich, 110 Rue des Rosiers, Tel. +33 1 40 12 87 40, sylvie-corbelin.com
Sounds Good
Inhaber Hugues Cornière war Sammler, bevor er zum Händler wurde. Jahrzehntelang suchte und kaufte er alte HiFi-Anlagen, seine Garage war überfüllt, seine Frau genervt. 2006 bezog er einen Stand auf dem Marché Dauphine und war damit der Erste, der dort mit alten HiFi-Anlagen handelte. Marché Dauphine, Stand 28, 140 Rue des Rosiers, Tel. +33 6 80 10 82 81
Essen & Trinken
HaSalon
Die französische Variante von Eyal Shanis Flaggschiff-Restaurant in Tel Aviv eröffnete im Januar 2023 im Flohmarkt von Saint-Ouen und bringt zeitgenössische israelische Küche und fröhliche Atmosphäre zwischen die Verkaufsstände. Die offene Showküche bietet eine vibrierende Show, auf der Menükarte stehen leckere Klassiker der levantinischen Kost. 106 Rue des Rosiers, Tel. +33 1 84 21 04 30, hasalonparis.com
La Chope des Puces
Wenn nachmittags die Band aufspielt, wird es eng in diesem Kult-Café. Angeblich hat schon Django Reinhard hier gespielt und die Jazz-Tradition ist bis heute lebendig. Zwischen den Touristen sitzen auch viele Einheimische und Pariser, in der ersten Etage hat der Besitzer eine Musikschule eröffnet. 122 Rue des Rosiers, Tel. +33 40 11 28 80, lachopedespuces.fr
Café Le Paul Bert
Holztäfelungen und alte Plakate prägen den Eingangsbereich des 1985 eröffneten Bistro mit grosser Terrasse. Stammgäste werden vom Patron per Handschlag begrüsst,und zu den kulinarischen Highlights zählen Oeufs Mayonnaise, Tartare de Boeuf und hausgemachte Frites. 20 Rue Paul Bert, Tel. +33 1 40 11 90 28, lepaulbert.fr
Le Comptoir des Puces
Intimes, gut verborgenes Lokal mitten in der Serpette-Markthalle zwischen den Gängen 2 und 3. Viele Standbetreiber verbringen hier ihre Mittagspause, denn die Speisekarte ist abwechslungsreich und bietet saisonale französische Klassiker, darunter auch einige vegetarische Gerichte. Hier kann man auch frühstücken oder einfach nur einen Kaffee trinken. 110 rue des Rosiers, Tel. +33 1 40 12 81 10, @lecomptoirdespuces
Kanope
Eine Bio-Pizzeria mit französisch inspirierten Pizzen, wie Perrette mit verschiedenen französischen Käsesorten oder Paulette mit Steinpilzcreme. Es gibt auch Pasta, Salate, leckere Vorspeisen sowie eine grandiose Weinauswahl und eine sonnige Terrasse. 39 Rue Paul Bert, Tel. +33 7 45 55 16 13, leblogdekanope.fr
Schlafen
MOB House
Das neue, direkt am Paul-Bert-Markt eröffnete 100-Zimmer-Hotel wurde von Philippe Starck mit viel Beton, Marmor und schönstem Parkett gestaltet. Viele Zimmer bieten Erker und Arbeitsbereiche, manche auch private Terrassen. Dazu: grossartige Brasserie, weitläufiger Garten mit beheiztem Pool, coole Bar und gut ausgestattetes Gym. 70 Rue des Rosiers, Tel. +33 1 55 28 80 80, mobhouse.com, DZ ab 149 Euro.
Selection & Text: Patricia Engelhorn
Published: 01.06.23