Sie helfen bei Strassenüberquerungen, erkennen Hindernisse, zeigen den Weg und unterstützen ihre Haltenden im Alltag. Die Kompetenzen von Blindenführhunden sind breit gestreut – sie geben den Halterinnen und Haltern aber vor allem eines: mehr Eigenständigkeit im Alltag. Doch was braucht es alles, damit ein Hund zu einem Blindenführhund wird? Und warum können Pet-Deckeli dabei helfen, die Ausbildung von weiteren Blindenführhunden zu finanzieren?
Antworten auf diese Fragen und noch viel mehr weiss Miriam Cadalbert von der Stiftung Schweizerische Schule für Blindenhunde in Allschwil. Hier werden seit 1972 Hunde gezüchtet, aufgezogen und später zu Helfern auf vier Pfoten ausgebildet.
«2024 wurden 87 Welpen hier in unserer Schule geboren», erzählt Miriam Cadalbert. Nicht alle Tiere sind als Blindenführhunde geeignet. «Wir bilden auch Assistenzhunde, Autismusbegleithunde und Sozialhunde aus.» Sogenannte Sozialhunde werden ausgebildet, um mit ihren Besitzern Besuche in Schulen, Alters- und Pflegeheimen oder anderen Institutionen zu absolvieren. Ihre restliche Zeit verbringen die Tiere als normale Familienhunde.
Doch zurück zum Anfang des Lebens eines Allschwiler Labradors: «Die Welpen bleiben, bis sie 10 Wochen alt sind, mit ihrer Mutter in der Schule, anschliessend werden sie an Patenfamilien vermittelt», sagt Miriam Cadalbert.
Hunde bleiben für rund 16 bis 24 Monate in der Familie
Die Patenfamilien haben eine schöne, aber auch eine herausfordernde Aufgabe. Sie übernehmen die Grund- und Frühausbildung der Tiere, im Wissen, dass sie nicht für immer bei ihnen leben. «Wenn sie ungefähr 1,5 Jahre alt sind, kehren die Hunde in unsere Schule zurück. Dort entscheiden wir aufgrund ihrer Talente und ihres Charakters, für welche Ausbildung sie geeignet sind.» Für die Patenfamilien ist die Aufgabe ein Herzensprojekt, auch wenn sie nur eine begrenzte Zeit mit den Hunden haben: «Ihnen ist bewusst, dass sie einen wichtigen Beitrag für Menschen mit Beeinträchtigung leisten.» Es gibt viele Paten, die schon mehrere Hunde betreut haben. Die Kosten für Futter und Tierarztbesuche trägt die Schule. «Zudem werden unsere Patinnen und Paten eng begleitet und regelmässig besucht. Wir sind immer für Fragen da.» Dies gelte auch für Personen, die sich vorstellen können, Patin oder Pate zu werden.
Bis ein Welpe zur Patenfamilie umzieht, kostet er ungefähr 5000 Franken. In den vergangenen Jahren kam die Finanzierung für einen Welpen pro Jahr aber aus einem anderen Topf. Jenem vom Verkauf von Pet-Deckeli. Für jedes Kilo Deckeli, dass die Stiftung an einer Recyclingfirma abgibt, erhält sie 30 Rappen.
Ein Freiwilliger brachte das Deckeli-Sammeln in die Schweiz
«Die Idee stammt ursprünglich aus den Niederlanden», erklärt Cadalbert. Dort werden schon seit Jahren Pet-Deckeli für den guten Zweck gesammelt. «Martinus Aarts, ein Freiwilliger, der selbst gebürtiger Niederländer ist, hat die Idee in die Schweiz gebracht und hier eine Recyclingfirma für die Zusammenarbeit gefunden», sagt Cadalbert. Heute stehen in der ganzen Schweiz Sammelstellen von fleissigen Helfern. Auch SWISS engagiert sich an ihrem Hauptstandort in Kloten, indem sie an verschiedenen Sammelstationen Deckel sammelt. Diese Initiative wurde durch das Help Alliance VOLU Team Zürich angestoßen. Zudem beteiligen sich auch viele andere Firmen und Privatpersonen an der Initiative. «Es ist ein schönes Gefühl, dass uns so viele Stellen unterstützen. Für uns sind das zusätzliche Freiwillige, die spenden», sagt Cadalbert.
Wer privat mitmachen und für die Schule Pet-Deckeli sammeln möchte, hat verschiedene Möglichkeiten, um sie abzugeben. «Wir haben auf unserer Webseite eine Liste mit diversen Sammelstellen. Etwa bei einigen Filialen des Top CC, Boutiquen oder bestimmten Jumbo-Filialen.» Wer bei der Meta-Plattform Facebook ist, findet dort eine virtuelle Gruppe, die sich mit den Deckeli sammeln befasst und Tipps zum Sammeln und Abgeben gibt. Die Allschwiler Blindenführhundeschule ist nicht die Einzige, die Deckeli als Spenden annimmt. «Auch die Stiftung Osterschweizerische Blindenführhundeschule (OBS) freut sich über abgegebene Deckeli.»
Hunde werden kostenlos abgegeben
Die Prognose für die diesjährige Deckeli-Sammlung sieht gut aus, sagt Miriam Cadalbert. «Wir sind gut dran.» Höhere Deckeli-Spenden kommen der Schule entgegen. Die Finanzierung eines Welpen kostet zwar 5'000 Franken, doch die folgende Ausbildung ist um ein Vielfaches teurer. «Ein ausgebildeter Blindenführhund kostet die Schule rund 65'000 Franken.»
Die Schule gibt die Hunde kostenlos an ihre zukünftige Halter:innnen ab und kommt auch für den Unterhalt des Tieres auf. So oder so bleiben die Hunde immer im Besitz der Schule. «Das Wohlbefinden unserer Hunde hat für uns oberste Priorität.» So wird vor Rentenantritt der Hunde auch entschieden, ob das Tier bei der beeinträchtigten Person in Pension gibt, oder für seinen Lebensabend in eine neue Familie vermittelt wird.
Text: Anja Suter
Fotos: Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde
Publiziert: 3. Februar 2025